"Eine lehrreiche Erfahrung"

Inklusionsprojekt bei Siemens Healthineers

Büsra Demirci, Auszubildende im blista-Zentrum für berufliche Bildung (ZBB) | Woher wissen blinde Menschen, ob sich in der Dose Bohnen oder Mais befindet, ohne sämtliche Dosen im Vorratsschrank öffnen zu müssen? Schwingen blinde Menschen ihre Stöcke wild vor sich herum und hoffen einfach, dass sie nirgendwo gegenlaufen? Und wie zur Hölle kann man durch das Ertasten von Punkten Informationen entnehmen?
Um den Mitarbeiter*innen bei Siemens Healthineers Berührungsängste zu nehmen und einen Raum für Austausch zu schaffen, habe ich einen Inklusionstag initiiert.

Brailletafel mit Punktschrift-Zeichen. Mittels Holzkugeln, welche in Vertiefungen gesteckt werden, entstehen die gewünschten Punktschrift-Zeichen.

Mein Name ist Büsra Demirci (24 Jahre, Foto 2). Ich bin angehende Kauffrau für Büromanagement im Abschlussjahr meiner Ausbildung im Zentrum für berufliche Bildung der blista. Durch eine Kooperation zwischen blista und Siemens  Healthineers in Marburg hatte ich die Gelegenheit, während meines viermonatigen Praktikums in der Personalabteilung bei Siemens Healthineers mitzuarbeiten und unterschiedliche Projekte selbstständig zu leiten und durchzuführen. Ein Projekt möchte ich näher beschreiben: Als einzige Person mit einem Blindenführhund an meiner Seite wurden wir am Standort Behringwerke am Görzhäuser Hof zum Hingucker. Manche Leute waren besonders freundlich, hilfsbereit und haben mir sowie meinem Führhund die Türe aufgehalten. Einige andere kostete es anfangs noch etwas Überwindung, mir Fragen zu stellen. Um die vielen entstandenen Fragezeichen in den Köpfen der Mitarbeiter*innen zu beantworten, habe ich zusammen mit Herrn Wilhelm (blista-Seniorenberater) einen Infotag rund um das Thema Blindheit vor Ort bei Siemens Healthineers organisiert.

Portraitfoto von Büsra Demirci.

Am 22. Februar bekamen dann die Mitarbeiter*innen die Gelegenheit, ohne Voranmeldung an drei verschiedenen Ständen „durch die Augen“ von sehbeeinträchtigten Menschen zu schauen. Am ersten Stand habe ich das Rätsel der Brailleschrift entschlüsselt und den Interessierten die Punktschrift mit Hilfe eines Punktschrifttisches erklärt. Hier durften die Mitarbeiter*innen ihre Namen legen, Worte entziffern und ihren Tastsinn durch Tastbilder auf die Probe stellen (Foto 1).

Wie wichtig die passende Größe des Langstocks und die Pendeltechnik sind, habe ich an einem weiteren Stand vorgeführt. Mit Simulationsbrillen auf der Nase, die verschiedene Augenkrankheiten und Sehbeeinträchtigungen erfahrbar machen. Mit dem Langstock in der Hand die Pendeltechnik auszuprobieren, war für alle eine Erweiterung ihrer Kenntnisse und zum Teil auch sehr überraschend.

Laut meiner Umfrage löste der Hilfsmittelstand die größte Begeisterung aus. Hier hat Herr Wilhelm Hilfsmittel zum Ausprobieren ausgestellt (Foto 3). Die Orcam, ein Farberkennungsgerät, verschiedene Lesegeräte sowie der Einkaufsfuchs kamen zum Einsatz und sorgten immer wieder für Verblüffung bei den Mitarbeitenden von Siemens Healthineers. Das Interesse ging weit über die drei Stände hinaus. Der Inklusionstag hat Raum geschaffen, um Hemmungen zu überwinden und mit mir ins Gespräch zu kommen, Fragen an mich zu richten und sich mal ganz offen und unverkrampft mit dem Thema Blindheit und Sehbehinderung auseinander zu setzen.

Der Seniorenberater baut ein mobiles Bildschirmlesegerät mit dem Namen "Visiobook" auf. Neben dem Visiobook stehen noch weitere Hilfsmittel, wie eine Digitaluhr mit Großschrift oder ein Großtasten-Telefon auf dem Tisch.

Insgesamt war der Inklusionstag ein voller Erfolg! Über eine Zeitspanne von drei Stunden nahmen über 60 Personen teil. Ich habe das Feedback bekommen, dass der Inklusionstag sehr lehrreich war und für mehr Aufklärung gesorgt hat. Die Mitarbeitenden wünschen sich erneut solch eine Aktion für alle, die am 22. Februar nicht teilnehmen konnten.

Da das Unternehmen großes Interesse daran hat, weitere Praktikant*innen aus dem ZBB aufzunehmen und die Kooperation mit der blista weiterzuführen, ist es von Siemens Healthineers weiterhin gewünscht, alle Mitarbeitenden zum Thema Blindheit und Sehbeeinträchtigung künftig regelmäßig zu informieren und zu sensibilisieren.