Neue berufsbegleitende Weiterbildungen für Reha-Fachkräfte erfolgreich angelaufen

Sophie Rafflenbeul unter der Augenbinde mit ihrer Ausbilderin Christel Burghof. Vor einem Holzbrett stehend soll sie lernen, Gurken und Möhren zu schälen und zu schneiden

Jürgen Nagel* | Seit Mitte der 70iger Jahre werden an der blista Rehabilitationsfachkräfte ausgebildet, zunächst in getrennten Kursen für die Schulungsbereiche O&M und LPF, Anfang der 80iger Jahre wurden beide Schulungsbereiche in einer Weiterbildung zusammengefasst. Im Jahr 2009 erhielt die Ausbildungsstätte der blista vom Hessischen Kultusministerium die staatliche Anerkennung als Fachschule im Sinne einer Ergänzungsschule.

Der Mangel an Reha-Fachkräften ist derzeit groß und wird nach den Ergebnissen einer Umfrage des Bundesverbandes der Reha Lehrer zunehmen. Schon bis 2027 werden von den geschätzt 210 in Deutschland aktiven Fachkräften 39 % aus Altersgründen in den Ruhestand eintreten und nur fünf weitere Jahre später sind es 2032 bereits deutlich mehr als die Hälfte.

Leider konnten in den vergangenen Jahren längst nicht alle zur Verfügung stehenden Plätze der Vollzeitkurse in Hamburg und Marburg besetzt werden. Eine Ursache dafür sind die aufgrund der personalintensiven Lehr-Lern-Simulationen vergleichsweise hohen Weiterbildungsgebühren.
Die Möglichkeit „Aufstiegsbafög“ in Anspruch zu nehmen, gibt es im Einzelfall nur an der staatlich anerkannten Fachschule der blista. Das bedeutet, die Mehrkosten oder die Gesamtkosten müssen privat oder von Arbeitgebern getragen werden.

Es war daher notwendig, neue Überlegungen anzustellen und da der Fachkräftemangel nicht nur für uns, sondern auch für unsere Nachbarländer Österreich und Schweiz ein großes Problem darstellt, lag es nahe, sich gemeinsam mit der Entwicklung von Lösungen zu beschäftigen.

Experten aus allen drei Ländern haben Konzepte und Standards für ein neues berufsbegleitendes Qualifizierungskonzept für die Rehabilitationsfelder Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF), Orientierung und Mobilität (O&M) und Low Vision (LV) entwickelt. Seit Anfang 2017 werden die neuen Angebote in die Praxis umgesetzt. Die Teilnahmevoraussetzungen entsprechen denen der Vollzeitkurse.

Die Teilnahme an einem Spezialisierungskurs in einem der Rehabilitationsfelder setzt jedoch den erfolgreichen Abschluss eines Grundlagenmoduls voraus, in dem wesentliche theoretische Inhalte aus den Bereichen Medizin, Pädagogik und Psychologie sowie Basiskompetenzen der Rehabilitation vermittelt werden.

In Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Institut IRIS in Hamburg sind die Weiterbildungsexperten der blista/RES für die Kurse in O&M und LPF inhaltlich verantwortlich. Die Spezialisierung für das Rehabilitationsfeld O&M findet in Hamburg, die Spezialisierung für LPF in Marburg statt. Im März 2017 startete die berufsbegleitende Weiterbildung LPF mit 8 Teilnehmenden aus drei Ländern. 50 Präsenztage sind in fünf Module á 10 Tage aufgeteilt. In den Zeiten zwischen den Modulen unterrichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen ihrer Lehrpraxis bereits das, was die Ausbilder ihnen in den arbeitsintensiven Ausbildungszeiten an der blista praxisorientiert vermittelt haben.

Die Begleitung der Lehrpraxis in der Spezialeinrichtung zu Hause übernehmen erfahrene Reha-Fachkräfte, die in einem Seminar auf ihre Aufgabe vorbereitet wurden. Neben dem Besuch der Ausbildungsmodule in Marburg und der Lehrpraxis vor Ort, stehen noch Klausuren, Projektarbeiten und eine Abschlussarbeit auf dem Lehrplan. Regelmäßige Evaluationen beleuchten das Kursgeschehen und helfen dabei, das neue Konzept zu verbessern. Mit dabei ist auch Sophie Rafflenbeul, die als Motologin an der blista arbeitet und durch ihre Teilnahme die zusätzliche Qualifikation als Reha-Fachkraft für LPF erwirbt.

Ihr Fazit nach 4 absolvierten Modulen:

„Die Ausbildung ist sehr interessant und praxisnah gestaltet. Durch den hohen Anteil praktischer Simulationsübungen mit der Augenbinde und speziellen Simulationsbrillen können wir uns viele Inhalte besser erschließen und verinnerlichen. Den Wechsel zwischen Präsenz- und Unterrichtsphase empfinde ich persönlich als sehr gut, da man so die Zeit hat, die in den sehr intensiven, zweiwöchigen Modulen gelernten Inhalte zu festigen.“

Im April kommt die Lerngruppe zum letzten Mal nach Marburg, im Juni werden die Ab-schlussarbeiten abgegeben und im Anschluss finden die Abschlusslehrproben an den Heimatorten statt. Wenn alles gut läuft, wovon nach den bisherigen Erfahrungen ausgegangen werden darf, sind dann acht neue Reha-Fachkräfte für LPF fertig ausgebildet und erhalten ihr Abschlusszeugnis mit den entsprechenden Anerkennungen vom Berufsverband der Rehabilitationslehrer/innen, dem VBS und dem DBSV.
Die Nachfrage für den Folgekurs (Beginn im Frühjahr 2019) ist so groß, dass die Teil-nehmerzahl, die ursprünglich auf neun begrenzt war, auf 12 erhöht wurde. Aktuell sind noch zwei Plätze frei.

Weiterführende Informationen finden Interessierte unter: www.blista.de/content/berufsbegleitende-weiterbildungen oder bei unserem Ansprechpartner Christian Gerhold, Rehabilitationseinrichtung der blista (RES), Postfach 1160, 35001 Marburg, Telefon: +49 (0) 6421 606-173, E-Mail: res@blista.de
[*stellv. Direktor der blista]