Frühförderung, die Familien zusammenbringt

Bilderbuchkino

Einblicke in eine Eltern-Kind-Gruppe

Paula Valentin | Ein basales Ziel von Frühförderung ist es, Familien bei der Entwicklung ihres Familienlebens mit einem Kind, dessen Sehen beeinträchtigt ist, oder wenn man als Elternteil selbst hochgradig sehbehindert oder blind ist, zu unterstützen.

Die Frühförderung findet meistens bei den einzelnen Familien zu Hause oder durch Besuche der Kinder in ihren außerfamiliären Betreuungssettings, zum Beispiel im Kindergarten, statt. Doch gerade bei Themen wie der Gestaltung des familiären Lebens und Alltags hilft der Kontakt mit anderen betroffenen Familien. Hierbei stellt sich die Frage, wie dies ermöglicht werden kann, sprich, wie wir als Frühförderung den Dialog zwischen Familien inszenieren und so über die „Einzelförderung“ hinaus auch ein familienübergreifendes und damit vernetzendes Setting für Frühförderung schaffen können?

Entdeckungen im Schwarzlicht

Diese Frage beantworten wir in der Frühförderung durch das Angebot regelmäßiger offener Eltern-Kind-Gruppen. Zirka acht bis zehnmal im Jahr laden wir unsere Frühförderfamilien zu solchen Gruppen ein – in der Regel nachmittags, um auch den berufstätigen Eltern die Teilnahme zu erleichtern. Dann wird zum Beispiel gebastelt in der Marburger Kunstwerkstatt, geradelt und gespielt auf dem Schulhof der Otto-Ubbelohde-Schule und auf Spielplätzen, gekocht und gebacken in den Lehrküchen unseres Hauses, geturnt und getobt in der Gymnastikhalle der blista oder in Indoor-Spielplätzen, geritten in der Reithalle der CSS oder gemeinsam bei selbstgebackenen Plätzchen in den Advent gefeiert.

Bei dem Angebot der Gruppen geht es uns vor allem um die Schaffung offener Begegnungs-, Bildungs- und Erfahrungsräume für die Familien: Eltern in vergleichbaren Situationen können so in Kontakt kommen, sich austauschen, auf gegenseitiges Verständnis stoßen und wechselseitig von ihren Erfahrungen profitieren. Die Kinder können im Rahmen der Gruppen ebenso erleben, dass andere Kinder sich in der gleichen oder ähnlichen Lage befinden wie sie selbst, was ein Gefühl der Zugehörigkeit, aber auch einen Zuwachs an Selbstbewusstsein schaffen kann. Gemeinsam in der Gruppe mit ihren Eltern und anderen Kindern machen sie im Rahmen der unterschiedlichen Angebote neue Erfahrungen und schulen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen. So findet nahezu automatisch auf informeller Ebene durch Begegnungen und Erfahrungen Lernen und Förderung für alle Beteiligten statt. Ganz klar im Vordergrund steht für alle jedoch, einfach eine schöne Zeit miteinander zu verbringen und Spaß zu haben.

So auch bei unserer letzten Elterngruppe im Februar. Dieses Mal haben wir die Familien zum gemütlichen Bilderbuchkino und Spiel im Schwarzlicht zu uns in die Biegenstraße eingeladen.

Gespanntes Warten, bis das Popcorn aufpoppt

Nachdem wir uns alle mit einem Lied und Schwungtuch begrüßt haben, geht es auch direkt los mit dem Bilderbuchkino. Während Sabine Marcus vorliest, bestaunen wir anderen – ob klein oder groß – die projizierten Bilder an der Wand und lauschen in abgedunkelter Kino-Atmosphäre gespannt der Geschichte von den „Drei kleinen Schweinchen“, die von einem bösen Wolf bedroht werden. Im Anschluss daran wird unter Gitarrenbegleitung der Praktikantin der Frühförderung, Inka Weiß, gesungen und getanzt. Zu Fredrik Vahle’s „Wem gibt der Elefant die Hand“ lernen wir spielerisch die Gebärden für so allerhand Tiere kennen.

Nun brauchen aber alle eine kleine Verstärkung. Als süße Überraschung kommt da selbstgemachtes Popcorn – ganz Kino-like – gerade recht. Hier helfen die „Großen“ unter den Kindern gerne bei der Zubereitung mit. Eine Tasse Maiskörner und zwei Esslöffel Öl später warten einige Kinder gespannt vor der immer wärmer werdenden Popcorn-Maschine auf das unverkennbare Zeichen, dass das Popcorn bald fertig ist. Und das lässt auch nicht lange auf sich warten – „pop“ – „pop“ – „pop“. Noch ein Esslöffel Zucker und ordentlich umrühren, dann wird auch am Geruch klar – hier herrscht Kino-Stimmung! Bei Kaffee, Tee und Wasser kann dann gespielt und erzählt werden. Während sich jedermann das Popcorn schmecken lässt, spielen die Kleinen auf einer vorbereiteten „Spielwiese“ aus Matten und Kissen und betrachten gemeinsam mit ihren Eltern oder einer Frühförderin Bilderbücher. So kommt auch das ein oder andere Gespräch zwischen den Eltern zustande.

Vorlesen in einer "Höhle"

Für die „größeren“ Kinder haben wir eine kuschelige Höhle gebaut, in der sie sich Bücher vorlesen lassen können. Nach einiger Zeit dieses geselligen und ausgelassenen Beisammenseins, steht das große Finale des heutigen Nachmittags an. Dafür gehen wir gemeinsam ein Stockwerk höher, wo uns – zunächst noch relativ unspektakulär – ein Raum mit Sitzkissen, positionierten Stühlen und auf dem Boden verteilten weißen und neonfarbenen Gegenständen, wie zum Beispiel Kuscheltieren, Socken oder Handschuhen, erwartet. Doch als das Licht aus- und dafür die Schwarzlichtröhre eingeschaltet wird, beginnt es überall bunt und hell zu leuchten. Alle bestaunen die plötzlich strahlenden Materialien, ziehen sie sich an und über oder betasten sie. Beim gemeinsam gesungen Lied vom „Kille-Kitzel-Monster“ kitzeln sich die Kinder und ihre Eltern gegenseitig mit den schimmernden Dingen an Bauch, Händen, Füßen, Kopf und Co, die in der Dunkelheit erst einmal gefunden werden müssen.

Wieder ein Stockwerk tiefer, verabschieden wir uns mit unserem Abschlusslied und freuen uns schon jetzt, auf die nächste Eltern-Kind-Gruppe, für die gemeinsames Backen geplant ist.
[Text und Fotos: Paula Valentin, Mitarbeiterin der blista-Frühförderung]