Auf den Spuren der Wildkatze

"Auf den Spuren der Wildkatze: Max, Elea und Enie (von links), Schüler* innen der inklusiven Carl-Strehl- Schule aus Marburg, erforschen im Nationalparkzentrum Kellerwald die charakteristischen Merkmale einer Wildkatze und vergleichen die Felle einer Haus
Auf dem Wildnis-Erlebnisgelände: Enie, Venla und Lennox (von links) haben gemeinsam mit ihrem Lehrer Timo Wennesz einen geeigneten Ort für den mit Baldrian besprühten Lockstock gefunden.

Blinde und sehbehinderte Schüler*innen forschen

Nationalpark Kellerwald-Edersee

Das neue, inklusive Wildkatzenmodul erprobten Schüler*innen der Carl-Strehl-Schule im vergangenen Herbst zum ersten Mal - unter ihnen waren sehbehinderte und blinde Kinder, aber auch sehende. Gemeinsam forschten sie im und am Nationalparkzentrum Kellerwald auf den Spuren der Wildkatze, erfuhren Interessantes über ihr Aussehen, ihren Lebensraum sowie ihre Verbreitung.

Über die beiden weichen Felle der Haus- und Wildkatze streichen Enie, Elea und Max mit ihren Handflächen. Die drei Schüler*innen der fünften Klasse der Carl-Strehl-Schule (CSS) aus Marburg haben auf den Spuren der Wildkatze geforscht. "Die Wildkatze hat einen viel buschigeren Schwanz als die Hauskatze", stellte Enie fest. Sie ist blind und findet tastend heraus, was die charakteristischen Merkmale einer Wildkatze sind.  So wie ihr geht es vielen ihrer Mitschüler*innen.

Max und Elea, zwei der sehenden Kinder in der inklusiven Klasse, beschreiben Enie die Unterschiede in der Fellzeichnung, die Enie auf einem taktilen Arbeitsblatt anhand der Erhebungen auch erfühlen kann. Genau so ist das inklusive Wildkatzenmodul, das als In- und Outdoor-Programm am Nationalparkzentrum Kellerwald stattfindet, gedacht. Die Nutzung möglichst vieler Sinne ist beim Lernen eine Bereicherung für alle Schüler*innen. Bei der optischen Wahrnehmung sind die sehenden Kinder im Vorteil. Überall dort, wo Tast-, Geruchssinn oder das Gehör gefragt sind, haben die Schüler*innen mit Sehbehinderung (vielleicht) den anderen etwas voraus.

"Enie, Venia und Lennox (von links) haben gemeinsam mit ihrem Lehrer Timo Wennesz einen geeigneten Ort für den mit Baldrian besprühten Lockstock gefunden."
Auf den Spuren der Wildkatze: Max, Elea und Enie (von links), Schüler*innen der inklusiven Carl-Strehl-Schule, erforschen im Nationalparkzentrum Kellerwald die charakteristischen Merkmale einer Wildkatze und vergleichen die Felle von Haus- und Wildkatze

Beim Erforschen der Lockstockmethode auf dem Außengelände des Nationalparkzentrums sind all ihre Sinne angesprochen. Wie die Wildkatze schleichen sie auf leisen Pfoten durch die Wildnis, lernen die Strukturen des Lebensraums kennen und erschnuppern den Duft des Baldrians. Mit diesem Duftstoff werden im Nationalpark die sogenannten Lockstöcke besprüht. Angelockt vom betörenden Duft des Baldrians, der dem Sexuallockstoff der Wildkatzen sehr ähnelt, reiben sich die Tiere an den Stöcken und hinterlassen mit ihren Fellhaaren für die Forscher*innen des Nationalparks wertvolles genetisches Material. Auf dessen Grundlage können zum Beispiel Rückschlüsse gezogen werden, wie viele Wildkatzen es im Nationalpark gibt und welches Geschlecht sie haben.

"Das inklusive Wildkatzenmodul unterstützt die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Zugänge der Schüler*innen.  Zu beobachten, wie die Kinder auf den Spuren der Wildkatze miteinander interagieren und im Austausch die kleinen Aufgaben gemeinsam lösen, ist für uns als Entwickler*innen des Materials hilfreich", sagt Timo Wennesz, Lehrer für Biologie und Erdkunde an der Carl-Strehl-Schule.

"Am Modell können Schüler*innen mit und ohne Seheinschränkung gemeinsam den Lebensraum der Wildkatzen kennenlernen."
Am Modell können Schüler*innen mit und ohne Seheinschränkung gemeinsam den Lebensraum der Wildkatzen kennenlernen.

"Von den Schüler*innen erhoffen wir uns hilfreiche Rückmeldungen, damit wir das inklusive Wildkatzenmodul noch weiter optimieren können", ergänzt Erika Hofmann, Leiterin Bildung und Vermittlung des Nationalparkamts. Gemeinsam mit ihrem Team und in Kooperation mit der CSS der blista hat sie in den vergangenen zwei Jahren das inklusive Lernmodul erarbeitet.

Das Engagement aller Projektteilnehmenden sei sehr groß und der Nationalpark freue sich über die Beteiligung des bundesweiten Kompetenzzentrums  blista an der Entwicklung der taktilen Materialien, wie beispielsweise Tastkopien zum Fühlen, und über die Bereitstellung von Lehrmaterialien - wie Aufgabenblätter mit erhabener Punktschrift, die blinde Schüler*innen lesen können.