Neue Perspektiven schaffen - mit PROJob in die Arbeitswelt

von Verena Hofmann | Die 32-jährige Verena Hofmann nahm am Qualifizierungsangebot der blista, PROJob, teil und erzählt von ihren Erfahrungen und der erfolgreichen Suche nach ihrem Wunsch-Ausbildungsplatz. Alle Teilnehmer*innen ihres Kurses konnten ähnliche Erfolge für sich verbuchen und fanden einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Portraitfoto von Verena Hoffmann. Sie hat braunes, knapp schulterlanges Haar und steht vor einer Wand mit blühenden Rosen..

Anfang 2020 stand für mich fest, dass ich das Jurastudium an der Philipps-Universität Marburg nicht mehr fortsetzen möchte und beruflich nach einer anderen Perspektive suche. Aus dem Bekanntenkreis habe ich dann von PROJob, einem Qualifizierungsangebot der blista, erfahren. PROJob richtet sich an blinde und sehbehinderte Menschen, die in ihrem erlernten Beruf eine neue Perspektive für sich schaffen wollen oder auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung sind. Die Kosten für diese Maßnahme werden von der Agentur für Arbeit oder bei mindestens 15-jähriger Berufstätigkeit von der Rentenversicherung übernommen.

Damit eine Kostenübernahme gewährleistet werden kann, müssen Antragsteller*innen arbeitsuchend gemeldet sein.

Erste persönliche Kontaktaufnahme

Das erste Gespräch mit Ute Mölter, der Leiterin des Beratungs- und Schulungszentrums der blista (BSZ), war sehr positiv. Frau Mölter erzählte mir, dass die Verantwortlichen von ProJob bis zu sechs sehbehinderte und blinde Menschen zeitgleich bei der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive unterstützen. Diese Unterstützung umfasst das Anfertigen von Bewerbungsmappen, die Simulation von Bewerbungsgesprächen, die zur besseren Analyse auch mitgeschnitten werden können sowie die Vorbereitung von Einstellungstests. Auf Wunsch begleiten die Verantwortlichen einzelne Teilnehmer*innen auch zu Bewerbungsgesprächen.

Außerdem machte Frau Mölter mir während unseres ersten Gesprächs Mut. Es sei keine Schande, bereits bestehende Pläne zu verändern und neue berufliche Ziele für sich zu entwickeln.

Diese in fachlicher und persönlicher Hinsicht gute Beratung überzeugte mich von PROJob. Deshalb beschloss ich, an der Maßnahme teilzunehmen.

Der Einstieg in PROJob

Nachdem der Kostenträger, in meinem Fall die Agentur für Arbeit, die Kostenübernahme bewilligt hatte, begann ich im August 2020 mit der Maßnahme. Mein Ziel war es, einen Ausbildungsplatz zu finden, wobei ich noch nicht genau wusste, in welchem Bereich. In den ersten beiden Wochen führen die Teilnehmenden mit den Jobcoaches ein individuelles und ausführliches Profiling durch. Dabei werden in Gesprächen soziale, sehbehindertenspezifische und fachliche Kompetenzen erarbeitet.

Mir war es wichtig, mein im Jurastudium erworbenes Wissen auch in meinem neuen Berufsalltag integrieren zu können. Außerdem wollte ich persönliche Fähigkeiten wie die Planung, Organisation und Beratung von Menschen im Rahmen meiner künftigen beruflichen Tätigkeit einbringen.

Verwaltungsfachangestellte in Zeitnot

Auf der Basis dieser Überlegungen suchte ich nach geeigneten Stellenprofilen. Dabei kam ich schnell auf den Ausbildungsberuf der Verwaltungsfachangestellten. Problematisch war nur, dass die Bewerbungsfristen für den Ausbildungsbeginn im September 2021 relativ bald enden würden. Deshalb begann ich sofort, mich zu bewerben, ohne das im Rahmen von PROJob grundsätzlich vorrangige Bewerbungstraining wahrzunehmen.

Ich bewarb mich in den Landkreisen Marburg und Gießen bei 16 verschiedenen Arbeitgebern auf den Ausbildungsplatz einer Verwaltungsfachangestellten. In der Folge wurde ich zu Bewerbungsgesprächen und Einstellungstests eingeladen. In den Bewerbungsgesprächen begegneten mir die Arbeitgeber zumeist offen und freundlich. In Bezug auf sehbehindertenspezifische Fragen war in der Regel auch ein Mitglied der Schwerbehindertenvertretung anwesend.

Im Rahmen der Einstellungstests ging es darum, Allgemeinwissen, mathematische Fähigkeiten, Organisationstalent und Gedächtnisleistung unter Beweis zu stellen. Inhaltlich musste ich natürlich dieselben Anforderungen erfüllen wie sehende Mitbewerber*innen. Allerdings durfte ich zur Bewältigung der Aufgaben eine Zeitverlängerung in Höhe von 50 % der regulären Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen. Doch die Einstellungstests bedurften nicht nur inhaltlich einer intensiven Vorbereitung, auch organisatorische Dinge mussten im Voraus geklärt werden. Denn die Durchführung der Tests gestaltete sich sehr variabel. Ich sah mich sowohl mit Online-Tests, als auch mit Word-Dokumenten, die ich selbst bearbeiten konnte und mit schriftlichen Tests konfrontiert, bei denen mir eine sehende Person beim Eintragen meiner Ergebnisse behilflich sein musste. Auch bei einem Online-Test, der mir als sicher barrierefrei versprochen wurde, brauchte ich sehende Hilfe bei der technischen Bearbeitung. Bei der Organisation dieser Tests ist die Kommunikation mit den potenziellen Arbeitgebern sehr wichtig. Hier muss die Sehbehinderung meiner Meinung nach auch bereits thematisiert werden, damit ggfs. nach individuellen Lösungen gesucht werden kann, um die Tests möglichst eigenständig absolvieren zu können. 

Foto quer über den Marburger Marktplatz mit der leuchtend roten Bushaltestelle im vordergrund und der Frontansicht des Rathauses im Hintergrund

Ausbildungsbeginn bei der Stadt Marburg

Nach Abschluss der Bewerbungsverfahren erhielt ich schon bald mehrere Zusagen, sodass ich mich für einen Arbeitgeber entscheiden konnte. Ich entschied mich dafür, die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt Marburg zu beginnen.

Aktuell bin ich damit beschäftigt, die erforderlichen Hilfsmittel und die für den beruflichen Alltag notwendige Arbeitsassistenz zu beantragen.

Zur Ausbildung gehört zudem der Besuch der Berufsschule. Während des Schulalltags werde ich auf eine Lehrkraft aus dem überregionalen Beratungs- und Förderzentrum (üBFZ) der blista zurückgreifen. Diese berät mich und die  Lehrer*innen bei Fragen rund um Nachteilsausgleiche und die barrierefreie Umsetzung von Lehr- und Lernmaterialien.

Resümee

Meine Zeit bei PROJob endete nach sechs Monaten im Februar 2021. Die letzten Wochen nutzte ich für die Erstellung eines Leitfadens für ausbildungs- und arbeitssuchende Teilnehmende. Dieser fasst die wichtigsten Schritte zusammen, die vor dem Antritt einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle unbedingt berücksichtigt werden sollten. Dieser Leitfaden steht allen Teilnehmer*innen von PRO-Job zur Verfügung.
Mir persönlich hat die sechsmonatige Maßnahme PROJob sehr geholfen, um eine neue berufliche Perspektive zu entwickeln. Jetzt freue ich mich auf die neue Aufgabe und bin gespannt auf die Herausforderungen, die die Ausbildung bei der Stadt Marburg für mich bereit halten wird.

Nähere Informationen zu PROJob und Kontaktdaten:

Beratungs- und Schulungszentrum der blista in Marburg

Ute Mölter, Leiterin,
Biegenstraße 20 1/2, 
35037 Marburg
Tel.: 06421 606-500,  
E-Mail: moelter@blista.de

blista Frankfurt. Reha-Beratungs- und Schulungszentrum

Susanne Patze, Koordination und  Beratung,
Tel. 069 403561-35

Berit Rougier, Berufliche Integration und Teilhabe,
Tel. 069 403561-34

Börsenstr. 14 / Ecke Hochstraße,
60313 Frankfurt,
E-Mail:  Rehazentrum-Frankfurt@blista.de