Besondere Zeiten – besondere Maßnahmen

Mahlzeit in der WG: 3 Schüler*innen und ein Betreuer sitzen am langen Tisch mit viel Abstand

WG-Leben in Corona Zeiten

von Sabine Waldschmidt

Irgendwie vertraut und doch ganz anders, so könnte man das Wohnen in unserer WG gerade beschreiben.

Nachdem wir für sechs Wochen aus unserem Alltag plötzlich herausgerissen wurden, sozusagen von hundert auf null, konnten wir am 26. April zunächst mit drei Bewohner*innen wieder starten. Das gestaltete sich erst mal noch sehr entspannt: Abstand halten, kein Problem! In einer Wohngruppe mit vier Etagen kann man sich gut verteilen… Die Mahlzeiten in reduzierter Besetzung - auch kein Problem, der Essbereich ist ja auf mindestens acht Personen ausgelegt! Doch als dann klar war, es kommen ab Mitte Mai alle zurück, wurde es doch etwas eng, im wahrsten Sinne des Wortes!
Zunächst gab es lange Überlegungen darüber, welche Maßnahmen in der Wohngruppe wichtig, sinnvoll und umsetzbar sind, was durchaus auch innerhalb des Teams zu kontroversen Diskussionen führte!

Okay, manche Maßnahmen sind gesetzt und nicht diskutabel, wie z. B. Hände waschen nach Eintreffen in der WG, aber: Tragen wir Mund-Nasen-Schutz im Haus? Was wird täglich desinfiziert? Essen wir in Schichten? Ist Besuch möglich? und so weiter …

Nachdem wir uns auf einen Standard einigen konnten, wurde alles verschriftlicht und am Anreisetag unseren Bewohner*innen in „kleiner Gruppensitzung“ mit ausreichend Abstand erklärt.

Vier Schüler*innen spielen gemeinsam auf dem großen Spielteppich, alle tragen Schutzmasken

Erste Überraschung: Alle waren völlig  entspannt und einsichtig bezüglich der Maßnahmen, die ab jetzt unseren WG-Alltag stark verkomplizieren würden. Zweite Überraschung: Im Laufe der nächsten Tage klappte die Umsetzung sehr gut und alle bemühten sich um Disziplin! Nachdem wir jetzt schon einige Wochen mit diesen veränderten Maßnahmen leben, stellen wir fest: Die Masken nerven uns alle unglaublich im Haus, aber wir ziehen das noch bis zu den Ferien durch.

Der Abstand ist im Alltag nicht immer einzuhalten, selbst wenn man sich noch so bemüht. Wenn beispielsweise ein Verband gewechselt werden muss, kann man keine 1,5 m Abstand halten. Auch im Hauswirtschaftsraum, den man zum Wäschewaschen und -trocknen aufsuchen muss und der sowieso gefühlt nur 1 m² groß ist, klappt das nicht! Wir könnten noch einige Beispiele nennen …
Die Mahlzeiten machen nur halb so viel Spaß, weil pro Schicht nur eine kleine Runde zusammenkommt und dadurch nicht immer interessante Gespräche stattfinden und man weniger Quatsch machen kann. Das gemeinsame Kochen geht uns gerade völlig verloren, dabei macht auch das ein WG-Leben aus! Und manch einer vergisst leider auch wieder, was er sich mühevoll erarbeitet hat …
Besucher können nicht mehr einfach so mitkommen, sie müssen angemeldet werden.

Alles in allem wohnen wir jetzt zwar wieder hier in vertrauter Umgebung mit vertrauten Menschen, trotzdem ist halt alles anders! Dazu kommt, dass unsere Bewohnerinnen und Bewohner inzwischen erste „Maßnahmen-Auflösungserscheinungen“ erleiden, was Ermahnungen und Appelle zur Folge hat.

Wir bleiben trotzdem guten Mutes und versuchen, uns jeden Tag aufs Neue zu disziplinieren und hoffen, dass wir alle gesund durch diese Zeit kommen.