Das Louis Braille Festival in Zahlen

Beim dreitägigen Louis Braille Festival, größtes Zusammentreffen blinder und sehbehinderter Menschen in Europa, hatten in Marburg fast 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Wahl zwischen 76 Einzelveranstaltungen – von der Tanzperformance für nicht ­sehende Zuschauer über den Schmink-Workshop bis zur „Ultimativen Samstagabendshow“. Zahlreiche Sportangebote standen blindengerecht auf dem Programm, wie beispielsweise Klettern, Schießen und Kanufahren, dazu Aktionen zum Mitmachen, der „Markt der Begegnung“, das „Spiel ohne Grenzen“, Ausstellungen und vieles mehr. Auch die Vierbeiner kamen nicht zu kurz – sie wurden in einer Führhundlounge verwöhnt.

Am Eingang zum Georg-Gaßmann-Stadion tummeln sich Besucher von jung bis alt. Am Boden verlaufen kontrastreiche, schwarz-gelbe Kabelkanäle, die als Leitsystem dienen.
© blista

Das Louis-Braille-Festival in Zahlen:

0 … Quadrat-Zentimeter Platz bietet momentan die blista-Pressewand am Schlag 8. Das große Medienecho auf das Louis-Braille-Festival ist durchweg positiv.

2 … Veranstalter richteten das Festival gemeinsam aus: der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und die Deutsche Blindenstudienanstalt (blista). Die Bilanz von DBSV-Präsidentin Renate Reymann: „Wir haben blinde und sehbehinderte Menschen eingeladen, das Festival aktiv mitzugestalten. So konnten wir eine große Vielfalt kultureller und sportlicher Möglichkeiten präsentieren, die ich außerordentlich ­beeindruckend fand. Wir haben gezeigt, was alles geht, und viele Teilnehmer haben mir bestätigt, wie viel Energie sie nun mit nach Hause nehmen.“

3,5 … Tonnen Material wurden im Stadion ausgelegt, um eine „Barrierefreie Oase“ ­(Irmgard Badura, Bayerische Behinderten­beauftragte) zu gestalten.

4 … Hände haben die beiden blista-Kolleginnen leider nur, die Folgendes berichten: „Unser Schminkworkshop war schon im Vorfeld bis auf den letzten Platz ausgebucht. Auf der Warteliste hatten sich noch 12 Interessentinnen angemeldet und spontan wollten auch noch einige Damen mitmachen. Also, wir hatten äußerst regen Zulauf und mussten die enttäuschen, die sich zu spät ­angemeldet hatten. Die Stimmung war bestens und trotz kleiner Wartezeiten hat jede Teilnehmerin etwas für sich mitnehmen ­können und konnte dezent geschminkt und gut gelaunt den weiteren Verlauf des Festivals genießen.“

Bischof Martin Hein, Ehrengast des Louis Braille Festivals verfolgt interessiert das Endspiel im Blindenfußball-Turnier. Er wird begleitet von blista-Direktor Claus Duncker, DBSV-Präsidentin Renate Reymann und Trainer Manfred Duensing.
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6… Zentimeter Durchmesser hat die Medaille in Form eines Schlüsselanhängers, die die Besucher beim Quiz am blista-Sehmobil mit Fragen rund ums Auge, das Blinden­wesen und die blista-Geschichte gewinnen konnten. Der Kleinbus voller nützlicher Seh-, Alltags- und Mobilitätshilfen, der für gewöhnlich im Dienste der blista-Senioren­beratung im Landkreis unterwegs ist, machte ebenfalls Station im Georg-Gaßmann-Stadion. Zahlreiche Festivalgänger probierten Lupen, blindengerecht adaptierte Brettspiele und Hilfsmittel für den Haushalt aus und ­informierten sich zu den Themen E-Books, elektronische Navigationssysteme, Smart­phones und Bildschirmvergrößerungssoftware.

9 … Gesprächsrunden à 4 Minuten absolvierten die 18 Teilnehmer des Speed-Datings. Nach jeder Runde rückten die Konversationspartner einen Platz weiter und lernten so eine neue Person kennen. Die Gespräche waren oft so intensiv, dass die Teilnehmer an den Platzwechsel erinnert werden mussten.

10 … Minuten lang schrieben die Teilnehmenden der „HÖRWELTEN“-Vernissage am 1. Juli ein Hörprotokoll über das akustische Geschehen im Frankfurter Kunstverein. Die Ausstellung, ein Kooperationsprojekt der Künstlerin Mirja Wellmann, dem Kulturamt der Stadt Marburg und der blista, war anschließend sechs Wochen lang in den Räumen am Gerhard-Jahn-Platz 5 zu sehen – und zu hören!

10:31 … Minuten dauert der Film „With a little help…“, den die blista parallel zum Louis-Braille-Festival fertig produziert hat und der auf unterhaltsame Art und Weise für ein harmonisches Miteinander von Blinden, Sehbehinderten und Sehenden im Alltag wirbt. Der Link auf youtube lautet: www.youtube.com/watch?v=Lm-VoQbdpSY

Ein junger Mann paddelt im mit Wasser gefüllten Pool, der eine Attraktion des Louis Braille Festivals war.
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12,5 x 9 … Meter maß der „Wunder-Pool“, in dem sich so manch ein Festivalteilnehmer einen lang gehegten Wunsch erfüllte: „Ich hab als Kind mal surfen lernen wollen, ich hab auch ein Surfbrett gehabt, konnte es aber nicht machen wegen der Erkrankung“, erzählte Oliver Dietrich. Er ist sehbehindert und war mit seiner blinden Freundin Daniela unterwegs.

31 … Haltestellen steuerten die Festival-Shuttles an, um die Gäste im Umkreis von bis zu 17 km um Marburg von ihren Hotels zum Festivalgelände, zum blista-Campus und zurück zu fahren. Der Einsatz der Busfahrerinnen und -fahrer war beherzt und kooperativ. Da wurden auch schon mal zusätzliche Runden gedreht, um die Wünsche der Fahrgäste zu berücksichtigen.

37 … Kilogramm Eis wurden verkauft.

50 … Über 50 Fahrrad-Tandems rollten zur Eröffnung des Festivals nach Marburg, unter ihnen Verena Bentele, ehemalige blista-Schülerin und heutige Bundesbehindertenbeauftragte.

61 … Tasten hat ein Keyboard. Bei einem Stand beim „Markt der Begegnung“ in der kleinen Halle am Samstag konnten sich die Besucher an den schwarz-weißen Rechtecken ausprobieren. blista-Schüler Steve schwärmt: „Ich konnte meinen eigenen Track produzieren. Man konnte Drums einspielen, dazu ein realistisches Piano und aus einer Reihe von Synthesizern auswählen, also seine ganzen musikalischen Talente entfalten.“ Zudem war Steve happy darüber, mit einem Fachmann über Musikproduktion zu sprechen und Kontakte zu knüpfen.

100 … Die blista feiert in diesem Jahr ihr einhundertjähriges Bestehen. Am Freitagabend stand die blista im Mittelpunkt einer bunten Revue unter dem Motto „100 Jahre – 100 Talente“. „Dieser Titel bringt für mich auf den Punkt, was die blista ausmacht“, sagte Claus Duncker. „Von hier aus sind immer wieder Menschen aufgebrochen, die das gelebt haben, was sie an Talenten besitzen. Und genau das muss doch das Ziel von Bildung sein.“

106 … Sagenhafte 106 Besucherinnen und Besucher haben sich am Freitag und Samstag der Herausforderung gestellt, ein Kopfkissen schnellstmöglich zu beziehen, aus einem Wäschekorb ein T-Shirt und ein zusammengehöriges Paar Socken zu suchen und aus einem Beutel 20 Gegenstände – allein nur so zum Spaß, Mütter gegen Töchter oder Söhne, Alt gegen Jung, Frau gegen Mann, Geschwister, Freunde und Kollegen gegen-einander. Durchschnittlich 4,36 Minuten wurde für den kleinen Parcours gebraucht, die schnellste Teilnehmerin legte mit sagenhaften 2 Minuten und 25 Sekunden am Freitagabend eine mit Abstand uneinholbare Zeit vor!

112,83 … Meter Nachrichten wurden im Aktionszelt „Längster Wunschzettel“ auf einem Streifenschreiber getippt. Auch Ehrengast Bischof Martin Hein platzierte hier gern seine Wünsche für eine inklusive Gesellschaft.

137 … ehrenamtliche Helfer unterstützten die Mobilität der Gäste, darunter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Novartis, Auszubildende der Sparkasse Marburg-Biedenkopf, junge Rotarier, Pfadfinder, Schüler … und rund 50 Kollegen aus der blista. Die Zahl der „begleiteten“ Kilometer konnten wir nicht ermitteln, sie dürfte jedoch angesichts der Weitläufigkeit des Georg-Gaßmann-Stadions mehrere Marathon-Strecken umfassen.

180 … Kilometer liegt Köln von Marburg entfernt. blista-Schüler Tulga brachte die Rhein-Metropole im Rahmen der Ausstellung von Schüler-Projekten zum Thema ­Architektur dennoch ganz nah auf den blista-Campus. Die aus Sperrholz gefertigte und mit einem Laserschneidgerät geformte Modell-Wohnung im Maßstab 1:12,5, eine korrekte Nachbildung seiner Heimat in Köln und mit echtem Rollputz verputzt, sorgte für einen großen „Wow“-Effekt. Auch die weiteren ausgestellten Stücke, wie zum Beispiel ein gedruckter Teddybär von Lena M. oder das Modell des Schulgebäudes (Schlag 6a), zeugten von großer Ingenieurskunst und gutem Verständnis von Raum.

250 … Gäste machten sich am Samstag via Festival-Shuttle auf den Weg zum blista-­Reitstall in Wehrda, um sich von den umfangreichen Angeboten rund ums thera­peutische Reiten ein Bild zu machen. Dabei trauten sich viele zum ersten Mal auf ein Pferd – die älteste Premieren-Teilnehmerin war 56, der jüngste 2 Jahre alt. Sechs Pferde waren im Einsatz, um den Besuchern diese besondere Erfahrung zu ermöglichen.

Besucher entsteigen einem der Busse, die die Festivalorte mit zahlreichen Hotels verbunden haben
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1000 … Briefe standen im Mittelpunkt einer der zahlreichen Geschichten beim ­Erzählcafé. Jürgen Hertlein, ehemaliger blista-Vorstand, berichtete, dass er eben diese Zahl an Dokumenten im Rahmen einer Spendenaktion persönlich unterschrieb. Die Mitarbeiter der Verwaltung nutzten dies, um ihm einen Brief unterzujubeln, der eine Einladung zu Gegrilltem und Fassbier für die Mitarbeiter vorsah. Hertlein unterschrieb auch das und stand später zu seinem – nicht ganz freiwillig – gegebenen Wort.

1100 … Fußballfans in der großen Halle verfolgten via Großbildschirm und Audiodeskription den Sieg Deutschlands gegen Italien nach 18 Elfmetern im Viertelfinale der Europameisterschaft. Nachdem bislang das Mantra galt, dass Deutschland noch nie bei einem großen Turnier gegen Italien gewonnen hat, kann es nun heißen: Beim Louis Braille Festival hat Deutschland IMMER gegen Italien gewonnen. Auch die Busfah­rerin des Louis Braille-Shuttles der Stadtwerke war sich dieses historischen Augenblicks bewusst und erklärte sich spontan ­bereit, bis nach dem finalen Schuss von Jonas Hector zu warten.

1235 ... wurde die Elisabethkirche errichtet. Zum Abschluss des Louis Braille Festivals am Sonntag fand hier ein Gottesdienst mit anschließendem Frühstück statt, ausgerichtet durch den DVBS (Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V.). Marburgs berühmtestes Bauwerk war dabei bis auf den letzten Platz besetzt.

1949 … in diesem Jahr legte ein Besucher des Ehemaligen-Tages sein Abitur ab und war damit vermutlich der Älteste unter den rund 250 Teilnehmern, die am Freitag auf dem blista-Campus waren. In geselliger ­Atmosphäre machten sich die Besucher durch Führungen, Unterrichts-„Proben“ und einem Abstecher in eine Wohngruppe ein Bild von der blista, wie sie heute ist.

Fast 4000 … Teilnehmende waren insgesamt vor Ort. Viele entschieden sich kurzfristig und spontan: In den letzten 2 Wochen kamen 876 neue Anmeldungen hinzu.