Input von allen Seiten und gegenseitige Chancen auf Weiterentwicklungen

Interview mit Patrick Temmesfeld, stellvertretender Vorstand der blista, zu seinem neuen Amt als VBS-Vorsitzender

Portraitfotos der neuen VBS-Vorstandsvorsitzenden Patrick Temmesfeld und Ulrike Bauer-Murr

Wer oder was ist der VBS, Herr Temmesfeld?

Der Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e. V. (VBS) ist ein Fachverband für alle Berufsgruppen, die im Blinden- und Sehbehindertenbildungswesen tätig sind, insbesondere an Schulen und Hochschulen, in Internaten, therapeutischen Einrichtungen oder Berufsbildungs- und -förderungswerken. Details können auf der Homepage des VBS unter vbs.eu gerne nachgelesen werden. Heute ist der VBS ein lebendiger, aktiver und vielfach aufgestellter Fachverband mit ca. 1.700 Mitgliedern – auch in der Schweiz, Österreich und den Niederlanden.

Wie ist die inhaltliche Arbeit im VBS organisiert?

Um seinen Mitgliedern und dem Geschehen vor Ort näher zu sein, arbeitet der VBS mit Landesverbänden. Das Herzstück der pädagogischen Arbeit wird über die Arbeitsgemeinschaften, Arbeitskreise und Projektgruppen geleistet: Regelmäßige Fortbildungen und Fachtagungen sichern das Know-how und die kontinuierliche Weiterentwicklung im Bereich des Förderschwerpunktes Sehen.

Warum haben Sie sich für das Amt des Vorsitzenden beworben?

Ich durfte als Mitglied des Vorstandes bereits seit 2012 in der Funktion des Schriftführers mitarbeiten. Wir vier Vorstandsmitglieder arbeiteten hier von Beginn an teamorientiert und nicht hierarchisch, so dass jede/r eine Vielzahl von Funktionen und Aufgaben hatte – was die Tätigkeit für alle spannend gestaltete. Mit dem Blick auf die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Dieter Feser, Heike Sandrock und Klaus Wißmann stand der Wunsch im Raum, wenigstens ein Bindeglied zwischen altem und neuem Vorstand beizubehalten, was ja nun nur auf mich zutraf … Auch in Hinblick auf meine neuen beruflichen Herausforderungen an der blista fand ich hier eine sehr gute Passung: Beide, VBS und blista, eint die Begeisterung, das Engagement und die Vielfältigkeit, so dass eine gegenseitige Bereicherung entstehen kann.

Wie funktioniert Verbandsarbeit in Zeiten von Corona?

Der Start war natürlich damit ein völlig anderer. Angefangen damit, dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder ihren mehr als verdienten Applaus nur digital erhielten, fehlt auch hier der direkte Austausch mit Mitgliedern und Verantwortlichen im VBS. Selbst der Vorstand trifft sich derzeit nur digital, was für die vielen Abstimmungen und Entscheidungsprozesse nicht immer von Vorteil ist. Fakt ist, dass wir mit Corona und den Auswirkungen noch länger leben müssen – zumindest bis Mitte - Ende 2021, wenn wir den aktuellen Verlautbarungen trauen dürfen. Daher ist es nun eine wichtige Überlegung, wie der VBS seine Angebote, die teilweise durch den direkten, persönlichen Austausch leben, „dennoch“ anbringen kann. Die ersten Angebote und Formate werden besprochen bzw. sind für 2021 angesetzt.

Wie passt dieses Amt mit ihrer Tätigkeit als blista-Vorstandsmitglied zusammen?

Natürlich habe ich dies mit Claus Duncker länger besprochen und auch dem Verwaltungsrat der blista vorgestellt. Um es von Anfang an gestaltbar zu machen, haben wir noch als alter VBS-Vorstand eine Satzungsänderung eingebracht, so dass nun der VBS mit einer gleichberechtigten Doppelspitze vertreten wird. Wir versprechen uns davon mehr Flexibilität und Entlastung bei den vielfältigen Vorstandsaufgaben, so dass Berufs- und Verbandsalltag „verträglich“ gemeinsam gestaltet werden. Für VBS und blista sehe ich eine Win-Win-Situation: Die Netzwerke von beiden und noch viel mehr kommen zusammen; Synergien und Input von allen Seiten sowie gegenseitige Chancen für Weiterentwicklungen und Impulse.
Die blista bietet mir dazu den Bewegungsradius für die vielen Aufgabenbereiche, wofür ich – und der Dank kommt auch vom VBS - sehr dankbar bin.

Hat Ihr neues Amt positive Auswirkungen auf die blista?

Der Kongress kommt nun 2023 auf den blistaCampus … nein, Schmarrn, diese Entscheidung wurde längst und viel früher getroffen. Ich freue mich auf die Herausforderung, Mit-Ausrichter und zugleich auch Mit-Veranstalter zu sein.
Ich hoffe und wünsche mir, dass die blista mit ihren vielen Angeboten und Kompetenzen wieder etwas mehr im VBS ihren Platz und auch eine pädagogische Heimat findet. Lange zurückliegende Diskussionen, ob der VBS nun verstärkt inklusive Settings befürwortet und verfolgt, können so besser geklärt werden: Wir (VBS) wollen fachliche Weiterentwicklungen voranbringen, spezifisches Wissen teilen und bewirken, dass Barrieren für blinde und sehbehinderte Menschen weiter abgebaut werden – dies gilt für alle Bildungs- und Lebensbereiche in allen möglichen Settings und spiegelt sich auch in den beruflichen Lebensläufen aller Vorstandsmitglieder.

Spannend finde ich auch die durch das VBS-Amt entstehende neue Zusammenarbeit – meine VBS-Vorstandskollegin Ulrike Bauer-Murr ist als Geschäftsbereichsleitung für die Berufliche Bildung der Nikolauspflege tätig, Dr. Michael Weis unter anderem als Geschäftsführer der Johann-Wilhelm-Klein-Akademie und Prof. Dr. Sven Degenhardt ist Inhaber des Lehrstuhls für Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens an der Universität Hamburg. Es kommt viel Expertise und Austausch zustande, wodurch jede/r viel für sich und seine Einrichtung mitnehmen kann und umgekehrt.

  • Das Interview führte Thorsten Büchner
  • Bildunterschrift: Die neuen VBS-Vorstandsvorsitzenden Patrick Temmesfeld und Ulrike Bauer-Murr