VW Original Teil 199 398 500 A – oder – die beste Currywurst der Welt

Bronzemodell des Burgplatzes Braunschweig

Marie Kordilla, Angelika Kolbeck, Ina und Ulrich Freistedt | Vielleicht war die Currywurst bei VW in Wolfsburg nicht das schwerwiegendste Argument, warum die Klasse 10b im Sommer zu einer landeskundlichen Exkursion nach Ost-Niedersachsen aufbrach; die Currywurst ist aber auf jeden Fall ein echtes Aushängeschild für den Autobauer und die Region.

Was die Gegend um Wolfsburg, Braunschweig und Helmstedt so zu bieten hatte, das wollten wir gerne sehen, erfahren und erleben. Bei einem so reichhaltigen kulturellen und historischen wie auch technischem Angebot blieb nicht viel Zeit für Müßiggang. Trotzdem waren Grillen, Lagerfeuer und Freibad natürlich auch angesagt und Schüler wie auch Begleiter konnten sich von den Eindrücken der Tagesprogramme erholen.

Am ersten Tag besuchten wir die altehrwürdige Stadt Braunschweig. Vom wieder aufgebauten Schloss über den Burgplatz bis zum Dom St. Blasii war Historie und Kultur pur geboten. Wir erfuhren von Herzog Heinrich dem Löwen, standen unter dem berühmten Braunschweiger Löwen und waren nicht wenig beeindruckt, dass dieses überlebensgroße Modell im Mittelalter aus nur zwei vorliegenden Gemälden geschaffen wurde. Die größte Genugtuung für arme preußische Seelen war auch, dass der Löwe als Wappentier hier seinen Anfang nahm und alle anderen Wappenlöwen, wie beispielsweise auch der bayrische, nur Nachahmungen sind.

Das Foto zeigt die Gruppe in Hötensleben an der Mauer

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der jüngeren Geschichte, genauer gesagt der innerdeutschen Grenze und des Grenzübergangspunktes Helmstedt-Marienborn. Im Grenzmuseum Helmstedt starteten wir und erhielten einen ersten Ein- und Überblick zur Teilung Deutschlands, den Grenzverbauungen und dem Übergangspunkt Marienborn. Dorthin fuhren wir anschließend und erlebten unglaublich eindrucksvoll, wie von den Grenzsoldaten dort gezielt Angst erzeugt  wurde. So wurde beispielsweise nach Abgabe der Pässe jeder einzelne Reisende überprüft und kategorisiert. Je nach Einstufung, von (scheinbar harmlosen) Transitreisenden, Fußballfans bis zum »asozialen Element« waren viele Abstufungen und damit einhergehende und sofort startende Überwachungsmaßnahmen verbunden. Ein riesiger und personalintensiver Bespitzelungsapparat übernahm dann die Informationsbeschaffung, Observation, Befragung von Nachbarn und Verwandten etc.

Das Foto zeigt einen ehemaligen Wachturm in Hötensleben

Ebenso beeindruckend war der anschließende Besuch in Hötensleben. Dort stehen die letzten originalen 100 m Grenzmauer mit allen zugehörenden Sperranlagen. In einer Begehung konnten wir vom Wachbunker über den Kolonnenweg, die Fahrzeugsperren und den Todesstreifen bis zur Mauer gehen und alle Abschnitte in Bauart, Größe und Funktion begreifen und erfühlen. Auch Durchlässe in der Mauer für Spähposten im Niemandsland durften wir sehen. Besonders durch die beeindruckende und authentische Schilderung unserer Begleiterin vom Grenzmuseum erfuhren wir, wie viel Angst, Fremdkontrolle, Einschränkung und Sorge mit dieser Grenze verbunden war und wie wundervoll und befreiend der Mauerfall und die Wiedervereinigung für ganz viele Menschen waren.

Der dritte Tag gehörte ganz uns und VW. Besser gesagt, besuchten wir nicht das VW-Werk, sondern vielmehr die Autostadt. Im Jahr 2000, rechtzeitig zur Expo in Hannover eröffnet, bildet die Autostadt eine moderne und umfangreiche Erlebniswelt rund um das Thema Auto.

Neben einem Zeithaus mit vielen Oldtimern unterschiedlichster Marken, bietet die Autostadt auch thematische Angebote, z. B. zur Nachhaltigkeit oder dem autonomen Fahren. Darüber hinaus verfügt (fast) jede Automarke, die zum VW-Konzern gehört, über einen eigenen Pavillon auf dem Gelände, in welchem die Marken sich vorstellen und ihre Produkte präsentieren können. Der Abholbereich für Neuwagenbesitzer mit zwei riesigen gläsernen Parkhaustürmen befindet sich ebenfalls auf dem Gelände und kann besucht, bzw. die Autoübergabe beobachtet werden. Insgesamt also ein riesiges Angebot. Glücklicherweise hatte uns die Autostadt nicht nur zu diesem Besuch eingeladen; sie stellten auch drei  unglaublich nette und engagierte Tourguids, die sich mit der Führung von Sehbehinderten und Blinden hervorragend auskannten. So erkundeten wir verschiedene Fahrzeuge, vom ersten Benz, über den Messerschmidt-Kabinenroller und das 1-Liter-Auto bis zum neuesten Modell zum autonomen Fahren.

Marie Kordilla im schicken roten 1-Liter-Auto
Eine Schülerin baut das Getriebe wieder zusammen

Letzteres hatte uns bestimmt am meisten verblüfft. Das Fahrzeug, Modellname „Cedric“, hat nur noch einen Fahrgastraum, der an ein klassisches, aber viel schickeres Zugabteil erinnert. Es gibt kein Lenkrad, kein Armaturenbrett o. ä. Das Fahrzeug soll nach Erlangung der Betriebsgenehmigung ab 2025 in Großstädten als Taxi fungieren. Man ruft den „Cedric“ über eine Handy-App. Ist man eingestiegen, so gibt man das Fahrziel an und muss sich um nichts weiter kümmern. Während der Fahrt kann man aus dem Fenster schauen, in den Scheiben seine Mails checken, chillen, oder, wie im ausgestellten Modell, an einer Karaoke-Challenge teilnehmen. Als Highlight durften wir, nachdem wir die Schuhe ausgezogen hatten, alle einmal Platz nehmen. Dies ist den „normalen“ Besuchern nicht gestattet.

Zum Mittag gab es endlich die umfangreich angekündigte und hoch gepriesene Currywurst. Diese Stärkung war nötig und hatten sich alle Teilnehmer wohl verdient. Im Nachmittagsprogramm konnten wir in einem als Werkstatt eingerichteten Teil der Autostadt unter fachkundiger Anleitung verschiedenste Motorenteile betrachten. Die fabrikneuen und damit glücklicherweise sauberen Bauelemente wurden uns sowohl als Einzelteil vorgeführt, aber auch im fertigen Neuwagen, der in der Werkstatt stand, im eingebauten Zustand gezeigt. Danach konnten wir ein Original Schaltgetriebe auseinanderbauen und wieder zusammenfügen. Glücklicherweise blieb kein einziges Teil, nicht mal ein Schräubchen, über.

Ein silberfarbener Porsche
Eine Currywurst, angerichtet mit Pommes und Salat

Natürlich durfte der anschließende Besuch in den Marken-Pavillons nicht zu kurz ausfallen. Die neuesten Modelle, alles zum Anfassen. Neben Audi stand v. a. Porsche ganz hoch im Kurs.

So haben wir mit drei Tagen Klassenfahrt ein tolles und durchaus informationsreiches Programm erleben dürfen. Die Entspannung und Erholung auf dem Jugendzeltplatz Almke kam aber nicht zu kurz. Die Zeit reichte sogar noch aus, um für eine Kollegin den begehrten, erstklassigen und niedersächsischen Verkaufsschlager für den heimischen Garten zu besorgen und nach Hessen auszuführen. Es gab Rottorfer Rollrasen zum Abschied.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Mitarbeitern des Grenzmuseums Helmstedt, wie auch den Guids der Autostadt. Die Führungen waren inhaltlich super und hervorragend für Menschen mit Seheinschränkung adaptiert. So machen Führungen Spaß. Darüberhinaus bedanken wir uns für die finanzielle Unterstützung durch den Förderverein der blista.

Noch wenige Fakten zur Currywurst von VW: Im Jahr 2015 wurden 7,2 Mio Currywürste mit einem Gesamtgewicht von 850 t produziert und verkauft. VW versorgt nicht nur seine Mitarbeiter in den Kantinen des Werks, sondern bietet sie auch als offizielles Original-Teil mit Seriennummer im regionalen und überregionalen Einzelhandel an, wie auch allen VW-Händlern in Nah und Fern. Die VW-Currywurst wird in 11 Ländern gegessen.
[Fotos: U. Freistedt]