Dr. Matthias Weström mit Carl-Strehl-Plakette geehrt

Beispielhaftes Engagement in Georgien

v.l.n.r. Bernd Höhmann, Ursula Weber, Claus Duncker, Matthias Weström
v.l.n.r. Bernd Höhmann, Ursula Weber, Claus Duncker, Matthias Weström

Als Anerkennung für sein herausragendes Engagement bei der Förderung der Bildung und Rehabilitation blinder und sehbehinderter Menschen in Georgien haben die blista und der „Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf“ den ehemaligen Schulleiter Dr. Matthias Weström mit der Carl-Strehl-Plakette ausgezeichnet.

Sein Interesse an den großartigen Kulturdenkmälern und den Zeugnissen einer der ältesten christlichen Kulturen hatte ihn mehrmals nach Georgien geführt. Im Herbst 2005 ging Matthias Weström schließlich der Frage nach, wie es wohl um das Blinden­wesen im Georgien bestellt ist (die blista news hat mehrfach berichtet). Die Ergebnisse seiner Recherchen waren eher trostlos.

Die einzige Blindenschule des Landes ­zeichnete sich durch düstere Gänge ohne ausreichende Beleuchtung, enge, schlecht beleuchtete und unbeheizte Klassenzimmer sowie marode sanitäre Anlagen aus. ­Blinden- oder sehbehindertenspezifische Hilfsmittel und Lehr- und Lernmittel, wie zum Beispiel Punktschriftmaschinen, Bildschirmlesegeräte, andere vergrößernde ­Sehhilfen waren nicht vorhanden oder verstaubten im Keller. Angebote der Frühförderung, Low Vision–Beratung, Unterricht in ­Orientierung und Mobilität und Lebenspraktischen Fähigkeiten waren unbekannt. Die ­Situation erwachsener Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung war durch Arbeitslosigkeit und Armut geprägt. Insgesamt war bei den Betroffenen, aber auch bei den pädagogischen und politischen Verantwortlichen, eine resignative Haltung vorherrschend, da staatliche finanzielle Mittel zur Verbesserung der Situation nicht in Aussicht standen. Die Idee, dass Veränderungen auch durch Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement im Sinne der Selbsthilfe erreicht werden können, war vollkommen fremd.

Auszug aus der Laudatio von Dr. Werner ­Hecker, Leiter der Reha-Abteilung der blista: "… Andere hätten sich in dieser Situation vermutlich von dieser resignativen Haltung und der scheinbaren Aussichtslosigkeit anstecken lassen, und nach diesem Ausflug in die Trostlosigkeit ihren Blick wieder stärker den Kulturdenkmälern und der schönen Landschaft Georgiens zugewandt. Nicht so Matthias Weström. Er zog den Schluss, dass hier geholfen werden muss, und widmete sich seitdem mit außerordentlichem Engagement dem Ziel, die Bildung und Rehabilitation von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung in Georgien aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Dr. Werner Hecker
Dr. Werner Hecker

Ich nenne im Folgenden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige wesentliche Etappen seines Engagements:

  • Zunächst warb Matthias Weström sehr ­erfolgreich Geldmittel und verschiedene Sachspenden ein, um die mediale Ausstattung der Blindenschule zu verbessern. Die blista und auch der DVBS unterstützen hierbei sehr großzügig.
  • Er initiierte die Einrichtung einer Lehrküche an der Blindenschule für den Unterricht in LPF, die – finanziert durch die Deutsche Botschaft – in 2008 eingeweiht wurde.
  • Im Jahr 2009 gründete er den „Verein der Freunde und Förderer der Blindenschule Tbilisi e.V.“ Der Verein sollte die Aktivitäten zur Förderung der Bildung und Rehabili­tation in Georgien finanziell und fachlich unterstützen.
  • Im September 2010 organsierte er einen Besuch von Vertretern der georgischen Blindenunion und Verantwortlichen aus der Blindenschule hier an der blista. Ziel war es, die Gäste über die persönliche ­Erfahrung vom Nutzen von Bildung und Rehabilitation und dem Grad der erreichbaren Selbstständigkeit blinder und seh­behinderter Menschen zu überzeugen.
  • Der Besuch sollte einen Impuls setzen, sich stärker für die Entwicklung entsprechender Angebote in Georgien einzusetzen.
  • Ohne entsprechendes Know-how, ohne spezifische Fachkompetenz der Fachkräfte ist eine qualifizierte Rehabilitation nicht möglich.

Ein weiterer, und wahrscheinlich der wichtigste Schwerpunkt von Matthias Weströms Engagement, war in der Folgezeit die Qualifizierung von Fachkräften. Matthias Weström plante und organsierte seit 2011 verschiedene Fortbildungsreihen, in denen Fachkräfte in Georgien durch Experten aus Deutschland für das Fachgebiet der Rehabilitation bei Blindheit und Seh­behinderung weiterqualifiziert wurden. Themen der verschiedenen Fortbildungen waren die Frühförderung blinder Kinder und mehrfachbehinderter Kinder mit Sehbehinderung, sowie Grundqualifizierungen zur Schulung in O&M und LPF. Die Fortbildungen wurden zunächst in Tbilisi für dort ansässige Fachkräfte angeboten; aktuell hat im September eine weitere 3-phasige Fortbildungsreihe für Fachkräfte in Westgeorgien begonnen, die in Batumi statt­findet.

Wie sind nun die Wirkungen von Matthias Weströms Aktivitäten zu beurteilen? Konnten trotz der trostlosen Ausgangslage, die in 2005 vorherrschte, durch die verschiedenen Initiativen tatsächlich nachhaltige Verbesserungen erzielt werden?
Die Antwort ist eindeutig: „Ja!“

  • Die verschiedenen Sachspenden haben zu einer verbesserten Ausstattung der Blindenschule beigetragen.   …
  • Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbildungsveranstaltungen sind zwar nicht alle, aber doch etliche im Rehabilita­tionsunterricht für blinde und sehbehinderte Schüler oder in der Frühförderung eingesetzt.
  • An der Blindenschule findet nun tatsächlich Förderung in lebenspraktischen Fähigkeiten und der Orientierung und Mobilität statt. Die Lehrküche wird zweckgemäß ­genutzt.
  • Der größte Effekt ist meines Erachtens aber die Tatsache, dass die Erkenntnis der Notwendigkeit spezifischer Rehabilitations­angebote für blinde und sehbehinderte Menschen bei den Verantwortlichen in Georgien angekommen ist. Damit ist eine wichtige Basis für die weitere Entwicklung geschaffen. Dazu hat Matthias Weström meines Erachtens durch seine Initiativen und seine vielen und beharrlichen Gespräche mit Vertretern des Ministeriums für Erziehung und Wissenschaft, der georgischen Blindenunion, der Blindenschule und Vertretern von Universitäten entscheidend beigetragen.

Angesichts der hoffnungslos erscheinenden Ausgangslage können diese Veränderungen nicht hoch genug gewürdigt werden.
Mit der Carl-Strehl-Plakette werden Personen geehrt, die sich besondere Verdienste um blinde und sehbehinderte Menschen ­erworben haben.
Ich denke, es ist für alle deutlich geworden: Matthias Weström hat sich durch sein außergewöhnliches Engagement große Verdienste um die Belange von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung in Georgien erworben."