Buchtipp

Jetzt kommt Licht ins Dunkel -

100 authentische Geschichten aus dem Leben einer blinden Frau

270 Seiten ist das Buch der geburtsblinden Autorin Annemarie Kock dick. Damit hätte jede der mal spannenden, mal amüsanten, mal nachdenklichen Geschichten im Schnitt 2,7 Seiten. Das bedeutet man/frau hätte an 100 Abenden eine kurzweilige Bettlektüre oder an 50 Tagen zwei. Aber legen wir mal den Taschenrechner beiseite und verschaffen uns einen Überblick über die Inhalte dieser kurzen Geschichten. Dazu steht im Klappentext zu lesen, dass uns die Autorin, Jahrgang 1987, in ihre Erfahrungswelt mitnimmt.

Buchcover von "Jetzt kommt Licht ins Dunkel" von Annemarie Kock. Es ist weiß mit schwarzer Beschriftung hat ein kreisrundes Titelfoto mit einer jungen Frau, die mit Langstock einen Zebrastreifen überquert.

Es fängt mit Geschichten aus ihrer frühen Kindheit und im Kindergarten an und geht weiter mit der Zeit in der Blindenschule bis hin zum Studium. Es wird schnell deutlich, dass sich das Alltagserleben eines blinden Menschen von dem einer sehenden Person unterscheiden kann - manchmal deutlich, dann wieder nur in feinen Nuancen. Wie oft bekommt man schon als sehender Mensch im Gespräch von einer fremden Person einfach so die Hand auf die Schulter gelegt? Oder wird gefragt, ob man mal das Gesicht des Gegenübers abfingern möchte, damit man eine Ahnung bekommt, wie dieses Gegenüber aussieht? – Mei schaust du schlecht aus! Als Sehender muss man sich auch nicht fragen, ob man sich seine Blindismen verbieten sollte, obwohl sie doch einen Teil der Persönlichkeit ausmachen. Auch kommt es eher selten vor, dass man mit zwei weiteren Personen an einem Tisch sitzt, die sich über dich unterhalten, als wärst du gar nicht anwesend. Viele skurrile Situationen laden mal zum Nachdenken, mal einfach nur zum Schmunzeln ein. Natürlich fehlen auch nicht die Tipps zum richtigen Umgang mit blinden Menschen.
Das Buch wird sicher kein Bestseller, aber es unterhält und sensibilisiert durch seine subjektive Perspektive.

2020 erschien im Hartmut Becker Verlag (siehe Buchtipp b-News 2/21) vom geburtsblinden Autoren Christian Ohrens das Buch Blind Dance. 2021 folgte nun dieser Band. Sowas riecht ja schon fast nach einer beginnenden Serie mit blinden Autor*innen.