202 macht Schule
Besuch an der Blindenschule in Tiflis
Patrick Temmesfeld und Tobias Mahnke |10.04.2025, 3:00 Uhr. Ein Mensch wartet unter einer Straßenlaterne vor dem Schlag 3. Ein Auto kommt, Koffer werden verladen. Kurze Zeit später kommt ein weiterer Wagen, eine weitere Person steigt aus, es wird erneut Gepäck verladen, alle steigen in das erste Auto ein und fahren ab.Was der Vorspann für einen Agententhriller sein könnte, entpuppt sich als Besuch einer Delegation aus unterschiedlichen Ressorts der blista an der Blindenschule in Tiflis. Genauer: Schule Nr. 202, Lepl Tbilisi Public School. Doch der Reihe nach.
Seit über 20 Jahren gibt es durch das Engagement von Herrn Weström gute Kontakte zur Blindenschule in Tiflis. Nach diesen vielen Jahren der Unterstützung wurde die Zusammenarbeit nun auf offizielle Füße gestellt. Ziel dieses Treffens war es, ein Memorandum mit der Bereitschaft der engen Zusammenarbeit, um die Entwicklung der Bildung und Ausbildung für sehbeeinträchtigte Schüler*innen in beiden Ländern voranzutreiben. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden die Schüler*innen und die Fachkräfte mit den historischen, kulturellen, sprachlichen und sonstigen landesspezifischen Aspekten der beteiligten Länder vertraut gemacht. Dies wiederum soll dem Gedanken der europäischen Einheit Leben einhauchen und ihm Substanz verleihen.
Weiterhin geht es um die Fortsetzung und Unterstützung der Weiterbildung von Lehr- und Fachkräften des georgischen Unterstützungszentrums für inklusive und sonderpädagogische Bildung und des psychosozialen Servicezentrums des Büros der Ressourcenbeauftragten.
Auch die Unterstützung bei strategischen Überlegungen zur Installation von Beratungsdiensten für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen in Georgien und zum Transfer der in Deutschland gewonnenen Erkenntnisse.
Neben diesem hochoffiziellen Akt wurde die Möglichkeit genutzt, im Rahmen von Vorträgen und Workshops den Kontakt zur örtlichen Lehrer- und Studierendenschaft zu knüpfen und in einen Austausch zu kommen. Dabei wurde ein großes Spektrum von O&M über entwicklungspsychologische Fragen und Möglichkeiten des Assessments bis hin zu konkretem Arbeiten im Unterricht abgedeckt. Für die Verzahnung zwischen praktischer Arbeit an den Einrichtungen sowie Ausbildung und Forschung an den Universitäten stand Frau Prof. Dr. Sabine Lauber-Pohle. Ihre Kontakte in die Wissenschaft, Beiträge vor Ort und Ideen für die zukünftige Gestaltung werden das Projekt sicherlich nachhaltig bereichern (Foto 1)!
Dieses kleine Symposium fand einen Ausklang bei einem georgischen Abendessen, bei dem auch Vertreter*innen aus der Politik beteiligt waren.Nicht zuletzt ging es bei diesem zukunftsweisenden Treffen auch darum, persönliche Kontakte zu festigen bzw. neue Bekanntschaften zu knüpfen. Hierzu gab es am Sonntag gute Gelegenheiten. An diesem Tag war ein Ausflug in das Qinzwissi-Kloster mit anschließendem Grillen geplant. Auf der Hinfahrt gab es wunderbare Blicke auf die schneebedeckten Gipfel des Hohen Kaukasus, bevor wir am Kloster selbst die Gelegenheit hatten, Schneebälle zu werfen. Zu unserer Überraschung gab es in diesem Tal eine ganze Reihe von weiteren Klöstern, die, da sie ja nun mal auf dem Weg lagen, auch noch besichtigt wurden. Beim Grillen an einem Fluss schließlich ergaben sich bei gutem Essen und selbstgemachtem Wein ausreichend Gelegenheiten zu weiterführenden Gesprächen, die auf der Rückfahrt noch intensiviert wurden. Einen Abschluss fand dieser Tag bei einer gemeinsamen Pflanzaktion von zwei Bäumen (Foto 2).
Was bleibt? Sicherlich wird es einen Wissenstransfer geben. So gab es z. B. konkrete Fragen von Lehrkräften vor Ort zur Erstellung und Handhabung von Material. Vor Ort in Tiflis gibt es 3D-Drucker, auch die Schwellkopien werden eingesetzt. Perspektivisch wird eine kleine Gruppe aus RES und Lehrkräften der blista ein paar Tage den Unterricht vor Ort besuchen, um beurteilen zu können, wie Material und das Wissen drumherum möglichst gewinnbringend eingesetzt werden kann. Andersherum erhalten wir so einen Einblick in andere Methoden und Herangehensweisen, die uns dazu veranlassen, das Arbeiten an unserer Einrichtung zu reflektieren und neu zu bewerten. Persönlich bleibt der Eindruck haften, dass Georgien ein faszinierendes Land ist, in dem junge Menschen für ihre Zukunft einstehen und somit ein echter Reformwille vorhanden ist.