Georgische Fachkräfte zu Gast
Gelebte Kooperation mit der Blindenschule Tiblisi
Dr. Werner Hecker | Vom 27. Oktober bis zum 3. November 2025 durfte unsere Einrichtung eine Delegation georgischer Fachkräfte aus dem ‚Office of Ressource Officers‘ und der ‚Schola No. 202‘ in Tbilisi willkommen heißen. Der Besuch markierte den nächsten wichtigen Schritt der nun offiziell besiegelten Kooperation zwischen der blista und der Blindenschule in der georgischen Hauptstadt. Bereits seit vielen Jahren besteht durch das Engagement des Fördervereins zur Unterstützung der Blindenschule in Tbilisi eine enge Verbindung. Nach verschiedenen Fortbildungsprojekten zu den Themen Frühförderung, Orientierung & Mobilität (O&M) sowie Lebenspraktische Fertigkeiten (LPF) wurde im Frühjahr 2025 im Rahmen eines Symposiums in Tbilisi eine formale Partnerschaft zwischen der blista, dem georgischen „Office of Ressource Officers“ und der Blindenschule in Tbilisi unterzeichnet (vgl. blista-News Sommer 2025). Nun erfolgte der Gegenbesuch von sechs Fachkräften – und mit ihm eine Woche intensiven Austauschs, Lernens und gelebter europäischer Zusammenarbeit.
Fachlicher Austausch auf hohem Niveau
Das Programm war ebenso vielfältig wie anspruchsvoll. Nach der offiziellen Begrüßung durch den blista-Vorstand erhielten die Gäste zunächst Einblicke in die Struktur und Arbeit unserer Einrichtung. Anschließend standen zentrale Themen der modernen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik im Mittelpunkt:
● Brailledruck und Medienproduktion – vom digitalen Dokument bis zum fertigen Druck,
● Taktile Mediengestaltung – didaktische und technische Aspekte,
● E-Buch-Standard und barrierefreie digitale Werkzeuge wie der „Arithmico“- Taschenrechner,
● Schulbuch- und Medienversorgung für blinde und sehbehinderte Schüler*innen in Deutschland sowie Überlegungen zur Umsetzung in Georgien,
● Organisation und Inhalte der Unterstützung von blinden und sehbehinderten Schüler*innen an Regelschulen
● und schließlich Assessmentverfahren für die Bereiche des sog. erweiterten Curriculums für Schüler*innen mit Blindheit und Sehbehinderung sowie Fragen der psychologischen Diagnostik.
Diese intensive Themenvielfalt wurde von den georgischen Gästen mit großem Interesse und Engagement aufgenommen. Immer wieder ergaben sich lebhafte Diskussionen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Bildungssystemen. Besonders beeindruckt zeigten sich die Besucherinnen vom hohen Maß an Selbstständigkeit und Autonomieunserer Schüler*innen – in der Schule ebenso wie im Alltag und Internat.
Lernen über das Programm hinaus
Das starke Interesse der Gäste zeigte sich nicht nur in den Seminaren, sondern auch darüber hinaus: Viele nutzten ihre Freizeit, um zusätzliche Hospitationen im Unterricht und in Internatsgruppen zu vereinbaren oder Fachgespräche mit Kolleg*innen zu führen. So entstanden zahlreiche persönliche Kontakte und fachliche Impulse, die weit über den offiziellen Rahmen hinausreichten. Am Wochenende stand der kulturelle Austausch im Mittelpunkt. Beim gemeinsamen Stadtrundgang und Abendessen blieb Zeit für Gespräche abseits des Arbeitsalltags – Gespräche, die deutlich machten, wie sehr gegenseitiger Austausch das Verständnis und die Zusammenarbeit vertieft.
Eine unerwartet herzliche Note erhielt die Woche durch die Mitarbeit unserer Übersetzerin Ketevan Pabst: Die aus Georgien stammende Frau, die seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebt und die Lehrveranstaltungen ehrenamtlich begleitet hat, war so bewegt von der Zusammenarbeit, dass sie sich spontan entschloss, multimediale Lernpakete für den inklusiven Unterricht im Wert von 1.400 Euro an die Blindenschule in Tbilisi zu spenden. So können die georgischen Fachkräfte die Medien nun direkt im Unterricht einsetzen.
Ihre großzügige Geste wurde von allen Beteiligten mit großer Freude und Dankbarkeit aufgenommen und steht beispielhaft für den Geist dieser Kooperation – geprägt von persönlichem Engagement, gegenseitiger Wertschätzung und gemeinsamer Vision.
Ein Besuch mit nachhaltiger Wirkung Der Besuch der georgischen Fachkräfte war weit mehr als eine Fortbildungswoche: Er war Ausdruck einer lebendigen internationalen Partnerschaft, die von gegenseitigem Respekt, Offenheit und gemeinsamem Lernen geprägt ist. „Die Woche hat uns gezeigt, dass wir trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen ähnliche Ziele verfolgen – nämlich blinden und sehbehinderten Kindern die bestmögliche Förderung und größtmögliche Selbstständigkeit zu ermöglichen“, so das Fazit einer beteiligten Kollegin. In den kommenden Monaten sollen nun konkrete nächste Schritte folgen – etwa gemeinsame Online-Workshops, Materialentwicklungen und ggf. weitere zukünftige Austauschbesuche.
Fazit: Der Besuch aus Georgien hat nicht nur Wissen und Erfahrung geteilt, sondern auch Brücken gebaut – fachlich, menschlich und kulturell. Er ist ein schönes Beispiel dafür, wie internationale Kooperation im Bereich der inklusiven Bildung gelebte Realität wird.