"Eigentlich wollte ich nur zwei Jahre bleiben"

50 Jahre Engagement für die blista – Rudi Ullrich in den Ruhestand verabschiedet

von Thorsten Büchner | Herbst 1971. Der damals zwölfjährige Rudi Ullrich hat zum ersten Mal Kontakt zur blista. „Ich habe mir das damals alles sehr genau angesehen, bevor ich dann 1972 als Schüler an die blista kam“, erinnert er sich heute. Bis 1979 war Ullrich dann blista-Schüler, die letzten beiden Jahre als Schulsprecher. Auf diese Zeit ging auch blista-Vorstand Claus Duncker in seiner Würdigung anlässlich der Verabschiedung Rudi Ullrichs in den Ruhestand ein: „Du hast Ende der 1970er Jahre als Schüler schon mit viel Ideen und Kreativität dazu beigetragen, dass sich die blista damals neu orientiert hat. Diese Leidenschaft hast du bis heute beibehalten!“

Während seines Psychologiestudiums in Marburg arbeitete Ullrich regelmäßig als Krankheitsvertretung im Internat der blista und hielt so über Jahre den Kontakt. Nach mehreren beruflichen Stationen in Köln und Frankfurt kehrte er 1991 an die blista zurück, um den 1993 auf dem blistaCampus stattfindenden VBS-Kongress zu organisieren. „Diese Aufgabe hat mich enorm gereizt. Eigentlich wollte ich nach dem Kongress wieder weg aus Marburg.“

Doch für Ullrich und die blista kam es glücklicherweise anders. Rudi Ullrich begann Anfang der 1990er Jahre den Bereich Öffentlichkeitsarbeit an der blista aufzubauen und zu professionalisieren. Um nicht nur die Eltern über die blista zu informieren, entstand damals die blista-News. „Außerdem war es mir, auch aus meiner eigenen Erfahrung als blista-Schüler, enorm wichtig die Schüler*innen selbst in die Öffentlichkeitsarbeit einzubinden", blickt Ullrich auf seine Anfänge zurück. Über 20 Jahre war er für die blista-Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Angesprochen auf „seine Highlights“ sprudelt es nur so aus ihm heraus: „Ich erinnere mich gerne an die Besuche der Bundespräsidenten Herzog und Köhler, unzählige Fernsehproduktionen, die Aktivitäten rund um die Bambi-Verleihung an blista-Schüler Kevin Barth, die Organisation und Moderation der  90-Jahr-Feier der blista oder die Zusammenarbeit mit dem kicker-Sportmagazin ... Aber vor allen Dingen die Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Das habe ich immer am meisten gemocht.“

Gruppenfoto: in der hinteren Reihe B. Höhmann (Vorsitzender des Verwaltungsrates), R. Ullrich (langjähriger Leiter des ZfB), J. Nagel und die blista-Vorsitzenden C. Duncker und P. Temmesfeld. Vorne stehen A. Katemann, Nachfolger Mirco Melz und M. Fuchs

Später wechselte Ullrich innerhalb der blista in die Leitung des medialen Bereichs. Dort war er maßgeblich an der Modernisierung und inklusiveren Ausrichtung der blista-Medienproduktion beteiligt. „Wir haben in den letzten Jahren, etwa im Schulbuchbereich, viele Kooperationen geknüpft und unser Angebot im Hörbuchbereich – nicht zuletzt mit der neuen Leselust-App – noch stärker auf die Bedürfnisse unserer  Hörer*innen ausgerichtet“, sagt Ullrich. „Die Bereitstellung des SPIEGEL als Hörversion, quasi in Echtzeit zur regulären digitalen Ausgabe, ist wirklich eine tolle Sache." Über viele Jahre setzte sich Rudi Ullrich als Leiter des „Zentrum für Barrierefreiheit“ (ZFB) der blista für mehr Zugänglichkeit und Teilhabe von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung ein. Ein Thema, das ihn auch jetzt im Ruhestand nicht loslassen wird.  

So wird sich Ullrich weiterhin für die Literaturversorgung von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung einsetzen, sich weiterhin für die blista ehrenamtlich engagieren. „Die blista ist mir sehr ans Herz gewachsen und hat mein Leben stark geprägt.“

Nicht nur, weil er hier seine Frau Irmi Behrens kennenlernte, mit der er heute in München lebt. Außerdem wird sich das Ehrenmitglied des DBSV auch weiterhin mit Rat und Tat in die Arbeit der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe einbringen. „So richtig kann ich es mir selber noch gar nicht vorstellen, dass ich jetzt im Ruhestand bin“, gesteht der kreative Wahl-Münchener. Bei all dem, was er noch vor hat, wird aber, da ist sich Ullrich sicher, „genügend Zeit bleiben, die schönen Seiten Münchens zu genießen.“