Verschiedene Religionen findet man überall – Religionsunterricht in der Marburger Moschee

Vanessa Wagner, Max Görisch, Hamza Jaber, Grzegorz Fuchs, Silas Wegmann und Peter Gößmann | Wenn man an Marburg denkt, fällt bestimmt nicht jedem als Erstes die Marburger Moschee ein, sondern das Schloss oder die Elisabethkirche. Aber trotzdem gibt es sie und sie hat genauso wie die Kirchen von Marburg ihren Platz. Man muss sie nur finden.

Wir, die Religionsgruppe der Klassen 9 und 10, haben sie gefunden und uns in einer Religionsstunde einen kleinen Eindruck von diesem spannenden Ort verschaffen können. Ein Schüler unserer Gruppe ist Mitglied in der muslimischen Gemeinde von Marburg. Als er zu uns kam, beschäftigten wir uns im Vorfeld schon etwas mit seiner Religion, dem Islam. Den Abschluss dieser interessanten Unterrichtsreihe bildete ein Besuch der Moschee. Ein passender Termin für eine Besichtigung war bald gefunden und so zogen wir nach der Pause los.

Eine Moschee stellen sich viele Menschen als großes Gebäude mit Minaretten vor, die nach Propheten benannt sind. In den arabischen Ländern sind die Moscheen meistens auch so gebaut. Aber hier in Marburg würde man sie wahrscheinlich nicht auf den ersten Blick erkennen. Die Moschee befindet sich in einem normalen Marburger Fachwerkhaus im Marbacher Weg. Als wir dort ankamen, wurde uns gleich die Tür geöffnet und eine Frau und ein Mann begrüßten uns. Im Eingangsbereich gab es Schuhregale. In der Moschee wird sehr darauf geachtet, dass die Räume sauber bleiben, denn die Menschen beten auf dem Boden und legen im Gebet manchmal aus Ehrfurcht vor Gott ihren Kopf dort ab. Also ließen wir unsere Schuhe im Regal und gingen in einen größeren Raum, der mit einem schönen Teppichboden ausgestattet war. Das Besondere an diesem Boden waren die Teppichfugen, die schräg durch den Raum verliefen. Von unserer Gastgeberin erfuhren wir auch bald den Grund dafür. Muslime, die beten, verrichten ihr Gebet immer in Richtung der Stadt Mekka. Damit sie wissen, wo Mekka liegt, sind die Fugen so verlegt, dass die Menschen sich daran ausrichten können.

Ebenfalls in Richtung Mekka gelegen, entdeckten wir eine Gebetsnische. Dort steht bei einem Gebet der Vorbeter, Imam. Damit er beim Beten oder bei einer Predigt besser gesehen wird, befindet sich auch eine kleine Kanzel mit 3 Stufen im Gebetsraum. Dann machte uns unsere Begleiterin auf viele Bücher aufmerksam, die in Regalen an den Wänden aufbewahrt wurden. Bei diesen Büchern handelt es sich um verschiedene Ausgaben des Korans.

Der Koran ist eine der heiligen Schriften der Muslime. Ihrem Glauben nach ist er eine Zusammenstellung von Offenbarungen, die der Prophet Mohamed innerhalb von mehreren Jahren von Gott erhielt. Anfangs wurde der Koran auf Arabisch verfasst, mittlerweile gibt es zahlreiche Übersetzungen des Korans in die verschiedensten Sprachen.

Marburg ist ein Ort, an dem viele Menschen aus verschiedenen Ländern leben. Dadurch finden sich in der Moschee Ausgaben des Korans in unglaublich vielen Sprachen. Manche Muslime, die aus einem anderen Land kommen und in Marburg studieren, schenken der Moschee eine Ausgabe des Korans in ihrer jeweiligen Sprache.

Als uns der Raum etwas vertrauter war, setzten wir uns alle auf den Boden; im Gegensatz zu einer Kirche gibt es in einer Moschee keine Stühle oder Bänke. Der Grund dafür ist, dass ein Gebet aus vielen Bewegungsabläufen besteht. Das Beten hält die Muslime also auch fit. Man kann aber auch beten, wenn man krank ist oder eine Behinderung hat, mit der man sich nicht bewegen kann. Diese Gebete haben die gleiche Wertigkeit wie Gebete von gesunden Menschen, die sich bewegen.

Wir hatten uns in einer vorbereitenden Religionsstunde einige Fragen überlegt, die wir in der Moschee stellen wollten. Dafür blieb uns nun noch etwas Zeit. Im Internet hatten wir gelesen, dass sich muslimische Frauen und Männer nicht die Hand geben, wenn sie sich begrüßen. Uns wurde erklärt, dass diese Tatsache nichts mit Verachtung sondern mit dem gegenseitigen Respekt beider Geschlechter zu tun hat. Die Menschen wollen sich auf einer intellektuellen Ebene und nicht körperlich begegnen. Aus diesem Grund beten Männer und Frauen auch räumlich voneinander getrennt.

Das wichtigste Gebet der Muslime ist das Freitagsgebet. Zu diesem Gebet kommen bis zu 300 Muslime in die viel zu kleine Moschee. Die Räume reichen überhaupt nicht aus, sodass viele betende Menschen ihr Gebet im Freien auf der Straße verrichten müssen. Um dieses Problem zu lösen, wird bald eine neue Moschee eröffnet, die genug Platz für alle gläubigen Menschen bieten soll. In der Moschee wird nicht nur gebetet, dort treffen sich die Muslime auch zum gemeinsamen Essen im Fastenmonat Ramadan. In diesem Monat darf erst nach Sonnenuntergang gegessen und getrunken werden. Muslimische Kinder lernen in der Moschee auch den Koran auswendig.

Die Zeit drängte. Bald schon holte uns der normale Alltag wieder ein. Mit neuen Eindrücken versorgt holten wir unsere Schuhe wieder ab und verabschiedeten uns von den Mitarbeitern der Moschee. Die Frau, die die meisten unserer Fragen beantwortet hatte, wirkte auf uns sehr überzeugt von ihrem Glauben, aber sie machte auch einen sehr modernen Eindruck. Den Mann hatten wir ebenfalls als freundlich und herzlich, aber auch sehr zurückhaltend erlebt.

Zum Schluss bekamen wir noch ein Prospekt von der neuen Moschee und traten unseren Rückweg zur blista gestärkt an. Die neue Moschee wurde übrigens am 11. Mai 2018 eröffnet und befindet sich in der Straße bei St. Jost 17.