Die blista während der NS-Zeit
Der Machtantritt des NS-Regimes brachte eingreifende Veränderungen.
Neue, systemnahe Mitglieder kamen in die Gremien. Satzungen von Blindenvereinigungen wurden geändert, so dass sogenannten nichtarischen Menschen die Mitgliedschaft versagt wurde. Der Anteil von NSDAP-Mitgliedern an der Belegschaft der blista war mit deutlich unter 20 % eher niedrig. Blinden, jüdischen Schüler*innen war die Aufnahme nicht gestattet. Der Schulalltag änderte sich entsprechend den NS-Vorgaben. Z.B. finden sich politisch einschlägige Aufgabenstellungen in den Abiturprüfungen, in der Bibliothek wurden regimekonforme Lehrmittel eingestellt.
Ein frühes NS-Gesetz forderte die Sterilisation von als erbkrank angesehenen Menschen. Auch die blista kam in den Fokus. Die Leitung stellte sich ausdrücklich hinter die NS-Forderungen. Zwangssterilisationen von mindestens zwei blinden Mitarbeitern sind belegt. Schüler*innen brauchten einen Nachweis, nicht erbkrank im Sinne der NS-Regelungen zu sein. Im Zweiten Weltkrieg mussten mindestens 21 Franzosen, Belgier und Italiener Zwangsarbeit leisten. Sie lebten nicht in der blista, sondern in einem Lager in der Ockerhäuser Allee und der Knutzbach. Ab 1940 gab es eine enge Zusammenarbeit mit der Wehrmacht. Im Gebäude Wörthstr. 11 (heute Liebigstr.) gab es ein Reservelazarett für Kriegsblinde. Die blista profitierte von Arisierungsmaßnahmen – sie erwarb u.a. Einrichtungsgegenstände und Geschirr. Nach der Befreiung Ende März 1945 ging der Schulbetrieb ohne große Unterbrechung weiter.
Die Studie "Die blista im Nationalsozialismus - Zur Geschichte der Blindenstudienanstalt Marburg (Lahn) von 1933-1945" von Klaus-Peter Friedrich und Wolfgang Form ist im Verlag der blista erschienen. Bestellungen der Broschüre (Schwarzschrift) oder der DAISY-CD (Audio) nehmen wir gern entgegen!