Editorial 2/2019

blista-Direktor Claus Duncker

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Traue keiner Zahl, die Du nicht selber gefälscht hast“, war unser Standardspruch in einem meiner Mathematikseminare während des Studiums. Und so scheint die Kultusministerkonferenz auch vorzugehen. So liest man dort, dass in den letzten Jahren nur jeweils zwischen 4 und 7 Schüler mit einer Seheinschränkung in Hessen das Abitur abgelegt haben.

Da reibe ich mir schon verwundert die Augen, verabschiede ich doch jedes Jahr zwischen 50 und 60 Abiturientinnen und Abiturienten der blista. Aber das Rätsel löst sich leicht: Unserer Schülerinnen und Schüler werden nicht unter dem Förderschwerpunkt „Sehen“, sondern als Gymnasiasten statistisch erfasst. Und das ist auch richtig so. Sie haben an den zentralen Landesabschlussprüfungen teilgenommen und die gleichen Leistungen erbracht, wie Schülerinnen und Schüler ohne Seheinschränkung. Und da wundert es nicht, dass der Notenschnitt der blistaner mit 2,41 dem Schnitt in Hessen mit 2,41 entspricht.

Ein erster Schritt für die Gleichstellung aller Schulen, ob mit oder ohne Förderbedarf?

Es gibt noch ein weiteres erfreuliches Beispiel. Das Hessische Kultusministerium hat uns als „Para-Olympischen Leistungsstützpunkt“ anerkannt und wir erhalten eine Lehrertrainerstelle „Para-Leistungssport“. Eine Förderschule als Stützpunkt für Leistungssport? Das ist in Deutschland bisher einzigartig.

Dieser Lehrertrainer soll natürlich Talente sichten und fördern. Aber er soll auch dafür Sorge tragen, dass unsere jungen Leistungssportler nicht zwischen schulischen und sportlichen Anforderungen aufgerieben werden. Und Leistungssportler haben wir viele, beim Goalball, beim Blindenfußball und bei unserer inklusiv aufgestellten Judomannschaft. Wir erhoffen uns natürlich auch, dass durch diese Maßnahme es noch mehr blistaner zu den Paralympischen Spielen schaffen.

Und wir freuen uns sehr, dass unsere Bildungsangebote auch für sehende Schülerinnen und Schüler hoch attraktiv sind. Die Montessori Grundschule wird die vierte Lerngruppe eröffnen und am Carl-Strehl-Gymnasium werden im kommenden Jahr 27 Schüler ohne Seheinschränkung die Schulbank drücken. Unser blista-Campus entwickelt sich zu einem bunten und lebendigen Mix aus vielen jungen Menschen mit und ohne Handicap. Und das Miteinander funktioniert, in der Klasse wie auf unserem Gelände.

Es ist schön zu erleben, dass es normaler wird, anders zu sein. Und wir als blista können einen kleinen Beitrag dazu leisten, das freut mich sehr.

Herzliche Grüße

Ihr Claus Duncker