Benefizkonzert von Ellen Greiner hinterlässt tiefen Eindruck

Ellen Greiner steht zusammen mit Herrn Steiner vor dem Flügel auf der Bühne

Pit Metz * | Unter dem Motto „Verloren – Vergessen – Vergangen“ präsentierte Ellen Greiner zusammen mit dem Sprecher Ulrich Steiner ein tief beeindruckendes Konzert mit Werken aus großen Tanzdramen des 19. und 20. Jahrhunderts. Die dargebotenen Werke bildeten kleine Kurzgeschichten aus großen, abendfüllenden Ballettwerken. Dabei hat die Pianistin bei der Bearbeitung den Originalen nichts hinzugefügt. Das „Format“ des Konzerts – erklärende, einführende Texte zusammen mit Musik – gaben der Zuhörerschaft, auch wenn sie bislang noch wenig von Ballettmusik wusste, tiefe Einblicke in Handlung und den Kontext der Musik.

Ellen Greiners Ausdrucksmittel am Flügel umfasste dabei die spieltechnisch und ausdrucksmäßig schwierigsten Momente, zum Beispiel Igor Stravinskys Ballett „Petruschka“ mit seiner Polyrhythmik im „Pas des Deux“ des Mohren mit der Ballerina.

Einen wesentlichen Teil des Konzertabends bildeten Ausschnitte aus dem Anti-Kriegsballett „Der Grüne Tisch.“ Politiker und Diplomaten versagen in ihren „Friedensgesprächen“ am grünen Tisch. Nach heftiger Debatte schießen sie gleichzeitig in die Luft. Krieg bricht aus. Ein Profiteur beziehungsweise Schieber entpuppt sich als Schacherer und Leichenfledderer. Der eindringliche Appell der Soldaten im Ballett „Der grüne Tisch“ zum Einzug in den 1. Weltkrieg verhallt ungehört. Es ist ein Ballett in neun Bildern, das 1932 in Deutschland entstand. Der deutsche Choreograf Kurt Jooss und der jüdische Pianist Fritz Alexander Cohen entwickelten gemeinsam im Ballettsaal dieses Bühnenwerk. Anlass war eine Einladung Kurt Jooss, an einem Tanzfestival in Paris teilzunehmen.

Ellen Greiners intensives Spiel, mal kräftig stampfendes, wütendes Stakkato im Marsch-rhythmus, mal in Trauer verzweifelnd wie beim „Appell des Soldaten“ berührte die Herzen der Zuhörerschaft; die tiefe Betroffenheit im Publikum war geradezu sinnlich zu spüren. Das fast 90 Jahre alte Werk hat an Aktualität nichts eingebüßt.

Während der Neu-Einstudierung des Konzerts verlor Ellen Greiner im Jahr 2014 ihr Augenlicht gänzlich, sodass sich die Vorbereitungen auf die Konzert-Reihe, die ursprünglich als einmalige Vorstellung geplant war, über 4 Jahre bis zur Premiere hinzogen. Nach der Premiere im Juni 2017 in Köln überredeten sie Freunde, es bei diesem Aufwand nicht bei einer Vorstellung zu belassen. Das war der Grund, weshalb dieses Konzert nun auch in Marburg stattfand. Die blista war hier der denkbar würdigste Veranstaltungsort; ein berührendes, bereicherndes Konzert mit großen Emotionen. Ein Versäumnis für alle Nicht-Anwesenden.

Ellen Greiner spielte ohne Gage; der Reinerlös des Konzerts kommt auf ihren Wunsch der Abteilung Frühförderung zugute.

[* Ehemaliger Mitarbeiter, Foto: Dr. Imke Troltenier]