Editorial

Patrick Temmesfeld mit dunklem Jacket, weißem Hemd und roter Krawatte lächelt in die Kamera. Er hat kurzes hellbrau-grau meliertes Haar und kneift das rechte Auge beim Lächeln etwas zu.

Liebe Leserin, lieber Leser,

Stichworte wie VBS-Kongress, Partnerschule des paralympischen Leistungssports und erste hessische Taubblindenberatungsstelle an der blista wären eigentlich wunderbare Anlässe, diese Ausgabe einzuleiten und neben dem langsamen Einstimmen auf das Jahresende das sich langsam nähernde Weihnachtsfest zu genießen.

Doch der Blick auf Nachrichten und das Weltgeschehen lässt dies – zumindest für mich – nicht zu. Kriege, Bedrohungen, Terror und eine gesellschaftliche Veränderung lassen Sorgen aufkommen, wohin es uns alle führt, was es aus uns macht und wie wir darauf reagieren.

Es vollzieht sich spürbar ein Haltungswandel. In Zeiten mit vielen Unsicherheiten und Unruhen erreichen markante Aussagen mehr Aufmerksamkeit. Wenn Inklusion pauschal als „Ideologieprojekt“ diskreditiert wird, ist das ein Tabubruch, den wir nicht hinnehmen dürfen und mit Haltung entgegentreten sollten.

Deswegen müssen wir mit vielen anderen dafür Sorge tragen, dass der bisherige Prozess von Inklusion und Teilhabe weitergeführt wird. „Demokratie braucht Inklusion!“ hält Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, deutlich fest.

Demokratie ist nicht einfach: eine Meinung zu haben, aber auch andere zu hören und Mehrheiten zu akzeptieren. Das Leben ist und bleibt bunt! Diversität ist ein Gewinn, weil Vielfalt zu erleben, sich damit auseinanderzusetzen auch ein Wachsen, Verändern, Weiterentwickeln bedeutet.

Wir laufen gerade Gefahr, in vielen Belangen Errungenschaften und vieles, was uns wichtig ist, nicht nur in Frage zu stellen, sondern abzuschaffen zugunsten plakativer Aussagen und für ein angebliches Gemeinwohl, was am Ende keines ist, sondern nur wenigen dient. Als inklusiver Bildungscampus ist es uns wichtig, uns davon abzugrenzen und zu erreichen, dass die Menschen, die bei uns sind, Vielfalt kennen, schätzen und dafür auch einstehen.

Liebe Leser*innen, wagen Sie daher Demokratie! Bleiben Sie bunt, damit es immer mehrere Sichtweisen gibt!

Seien Sie bitte wachsam, wenn es nur in eine Richtung gehen soll, nur die eine Meinung gilt und insbesondere, wenn mit Vereinfachungen gearbeitet wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen unserer blista-News, ein schönes sich Einfinden in die gemütlichen Tage, später dann wunderbare Feiertage und den Mut für Vielseitigkeit, Buntheit und Demokratie.

Herzliche Grüße

Ihr

Patrick Temmesfeld
(Vorstandsvorsitzender)