Hart auf der Kante!

Ein Alltag in Schräglage

Hanna Gieg fährt im Skianzug mit Helm und Brille seitwärts gelehnt um eine Slalomstange.

Oktober, Weltcup-Opening am Rettenbach-Gletscher in Sölden. Aus Tradition eröffnen die Damen die Rennsaison mit dem Riesenslalom. Meine Mannschaft, der Nachwuchs des Deutschen Paralympischen Skiteams und ich sind natürlich auch vor Ort in Sölden. Wir trainieren hier, auch wieder die ersten Male nach der Sommerpause, Riesenslalom. Das Wetter ist super, die Sonne scheint und wir verbessern uns von Tag zu Tag auf dem Ski. Ab und zu fahren wir durch den kleinen Tunnel, der beide Gletscher verbindet, vom Tiefenbachgletscher auf den Rettenbach-Gletscher und schauen uns den Weltcup an.

Ich bin Hannah Gieg aus der 13, bin 18 Jahre alt und fahre leidenschaftlich Ski. Im Mai 2020 hatte ich einen Sichtungslehrgang und seitdem bin ich ein Teil vom Nachwuchs des Deutschen Paralympischen Skiteams.

Letzte Saison, also meine erste Saison, durfte ich schon an einigen Rennen teilnehmen. Bei den bayerischen Meisterschaften konnte ich mir den ersten Platz sichern, an meinem 18. Geburtstag. Es war wirklich mein schönster Geburtstag. Beim Skifahren, mit meiner Mannschaft und meiner Familie. Aber die besten Rennen waren für mich die Rennen der Skiliga Baden-Württemberg. Hierbei können sich die sechs besten Teams für das deutsche Skiligafinale qualifizieren. Dort sind wir als Mannschaft gegen ausschließlich nichtbehinderte Skifahrer*innen gestartet. Wir haben nach den Reglements einen Faktor für die Zeitberechnung bekommen. Hierbei läuft, je nach Einschränkung, die Zeit langsamer. Vor Allem der Parallelslalom hat mich begeistert, als ich gegen eine nichtbehinderte Athletin gefahren bin und gewonnen habe. Den Start beim Parallelslalom finde ich besonders cool, wenn man sich aus der Falltür rauskatapultiert und dann mit Vollgas durch die Tore fährt.

Hanna Gieg lächelt mit Helm und Brille in die Kamera und hält zwei Luftballons in Form einer eins und einer acht in der Hand.

Skifahrer*innen werden im Sommer gemacht, wie man so schön sagt. Im Sommer machen wir ein skispezifisches Ausdauer-, Koordinations- und Krafttraining, aber auch abwechslungsreiche Trainings, wie zum Beispiel biken, paddeln, surfen oder klettern. Ab und zu trainieren wir auch in der Skihalle. Unsere Guides und Trainer*innen stehen uns immer zur Seite und geben uns Tipps und Ideen. Das Trainerteam besteht aus der Co-Bundestrainerin Maike Hujara, dem NRW-Landestrainer Marc Buhl und dem 16-fachen Paralympics-Sieger und bayerischen Landestrainer Gerd Schönfelder. Die ehemaligen Weltcupfahrer Benedikt Staubitzer und Monica Hübner fahren bei uns als Guides und auch als Trainer*innen mit. Alle sehbehinderten und blinden Athlet*innen fahren bei uns mit Guides und sind mit diesen per Headset verbunden. Während der Abfahrt beschreiben sie dann die Piste oder den Lauf. Die Athlet*innen können darauf reagieren und Kommandos, wie „schneller“ oder „langsamer“ geben.

Bei den Talenttagen 2021 konnten wir andere behinderte Jugendliche und junge Erwachsene von unserem Sport begeistern und zeigen, was alles so geht, nicht nur im Sport, sondern auch im Leben mit einer Behinderung. Bei der Reha-Care Messe in Düsseldorf 2022 hatten wir auch einen Stand. Es macht uns einfach Freude, den Spaß am Sport mit anderen zu teilen! Außerdem bietet der Ski-Treff in der Skihalle, geleitet vom Landestrainer NRW, auch Möglichkeiten, mal in den Sport reinzuschnuppern! Dieser findet einmal im Monat in der Skihalle Neuss statt.

Hanna Gieg steht auf Skiern in einer Indoor-Skihalle und hebt beide Arme mit den Stöcken an.

Fast hätte ich es vergessen, da ich ja in der Q3 (erstes Halbjahr der Jahrgangsstufe 13) bin, spielt Schule natürlich auch eine Rolle in meinem Leben. Zum Glück unterstützt mich die blista in jeder Hinsicht. Ich werde zum Skifahren freigestellt und dadurch, dass wir digital arbeiten, kann ich die Sachen schnell nachholen oder einfach nach dem Skitraining im Hotel noch machen.

Schule, Sport und Familie unter einen Hut zu bekommen ist natürlich nicht immer leicht. Aber nur, wenn die Schule läuft, kann es auch im Sport weitergehen. An der Stelle ein Dankeschön an alle Lehrer*innen und die Schulleitung, die mir das ermöglichen! Ein riesiges Dankeschön auch an meine Eltern und meine Familie! Ihr unterstützt mich immer, bei allem, was ich mache. Ob es das Skifahren ist oder etwas anderes. Ohne euch würde das alles nicht funktionieren! Meinem Sponsor 3Defacto bin ich sehr dankbar. Ohne eure finanzielle Unterstützung könnte ich den Sport nicht auf diesem Level betreiben!

Man kommt viel herum in diesem Sport. Die meiste Zeit sind wir irgendwo in Tirol unterwegs. Ein paar Tage auf dem Stubaier Gletscher, zwei Wochen später auf dem Tiefenbachgletscher in Sölden, im Kühtai, in Oberperfuss, im Schwarzwald, in Bayern … und zwischendrin immer mal wieder in der Schule.

Nach meinem Abitur möchte ich nach Innsbruck ziehen. Von dort aus wäre ich dann schnell in den Bergen und auch wieder schnell in der Uni. Das hohe Reiseaufkommen ist jetzt schon manchmal anstrengend. Mittags von Sölden wieder nach Marburg mit dem Zug fahren, dann spät abends ankommen und am nächsten Tag wieder in die Schule. Aber das mache ich natürlich gerne, sodass ich meiner Leidenschaft, dem Skifahren, nachgehen kann!

Du möchtest mehr über die Sportarten wissen oder teilnehmen?