Inklusion braucht Qualität! Faire Bildung für alle Kinder

Fachtagung am 5. November 2015

Dr. Imke Troltenier*. Inklusion braucht Qualität. Der Leitspruch der Auftaktveranstaltung zum 100-jährigen Jubiläum ist für die Deutsche Blindenstudienanstalt Programm: Die blista steht dafür, blinden und sehbehinderten Kindern die besten Startchancen ins Leben zu geben.

Doch wie kann Unterricht mit sinnesbehinderten Kindern und Jugendlichen inklusiver und damit auch chancengleich werden? Was brauchen die Akteure unseres schulischen Bildungswesens dafür? Wo sehen sich Kinder und Jugendliche mit Sinnesbehinderungen in der Klasse, in Schule und Gesellschaft? Mit welchen Methoden und Instrumente können Experten wie die blista unterstützen …?

Im Rahmen einer großen Fachtagung möchte die blista am 05. November 2015 den Austausch über inklusive Pädagogik und Didaktik stärken. Gleichzeitig geht es darum, das Augenmerk auf die zahlenmäßig sehr kleine Gruppe von Kindern mit Sinneseinschränkungen zu lenken. Denn in den öffentlichen Diskussionen der letzten Jahre um Inklusion gerieten die spezifischen Bedarfe dieser Gruppe oft außer Acht.

Zwei Mädchen und ein Junge mit Shopper auf dem Rückweg vom Einkaufen.

„Vergnügt, selbstständig und selbstbewusst: Die „Blistaner“ auf dem Foto lassen keinen Zweifel daran, dass sie ihr Leben zu meistern verstehen“, erklärt blista-Direktor Claus Duncker und führt aus: „Im Sinne bestmöglicher Bildung und Teilhabe erhalten sie – wie alle Schülerinnen und Schüler – eine Förderung, die sich am persönlichen Bedarf und Potenzial orientiert. Dazu arbeiten wir seit vielen Jahren mit unseren Partnerschulen und den Vereinen der Stadt Marburg zusammen. ­Darüber hinaus beraten wir in der Region. Unsere umfangreichen Erfahrungen in inklusiven Settings mit blinden und sehbehinderten Schülern möchten wir gemeinsam fortentwickeln und weitergeben.“

Fachtagung in Marburg

Mit der konzeptionellen Ausrichtung der hochkarätig besetzten Tagung beschreitet die blista neue Wege: Erstmals treten wir in unserer jungen Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten in die Öffentlichkeit. Denn gemeinsam sind wir der Auffassung, dass ein hochqualifizierter Austausch über Pädagogik und Didaktik für Kinder und Jugendliche mit Sinnesbehinderungen dringend nötig ist, damit betroffenen Schülerinnen und Schülern im gemeinsamen Unterricht an den vielfältigen Schulen im Lande tatsächlich chancengleiche Bildung zuteilwird.

Ein faires schulisches Bildungsangebot verlangt eine Teilhabe, die durch die Selbstbestimmtheit und die Gleichberechtigung aller gestaltet wird. Ob Punktschrift, Gebärdensprache, moderne Kommunikationshilfen oder barrierefreie Zugänge, ob Mathe, Musik, Sport oder Fremdsprachen … – für Kinder und Jugendliche mit einer Sinnesbehinderung sehen wir Handlungsbedarf! Denn selbst aus Dänemark, dem Vorreiter schulischer Inklusion, wurden zuletzt alarmierende Zahlen berichtet: Nicht nur die Noten wurden schlechter, seit Einführung der Inklusion stieg die Schulabbrecherquote blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler auf 44 Prozent. Die Konsequenz: mit 85% hat Dänemark die höchste Arbeitslosenquote blinder und sehbehinderter Menschen in Europa. „Eine gute schulische Bildung und Ausbildung – das zeigt die fast 100jährige Erfahrung des DVBS – ist der Schlüssel für einen erfolgreichen Übergang in das richtige Studium, die passgenaue Ausbildung und eine den eigenen Ansprüchen gerecht werdende Berufstätigkeit“, betont Uwe Boysen als 1. Vorsitzender des Deutschen Vereins für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf e.V. (DVBS). Andreas Kammerbauer, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten, ergänzt: „Inklusion im Schulbereich ist nötig und möglich. Damit Lehrkräfte sich auf die spezifischen Anforderungen hörgeschädigter Kinder einstellen können, ist nicht nur guter Wille, sondern Qualifizierung und die notwendigen Rahmenbedingungen gefragt.“

Zusagen aus Wiesbaden und Berlin

Die Zusagen von Staatsminister Prof. Dr. Lorz und von Frau Prof. Dr. Moser von der Humboldt Universität Berlin verleihen der Tagung das nötige Gewicht, um die spezifischen Bedingungen für eine gelingende Inklusion im Diskurs voranzubringen. Angefragt ist zudem der Universitätsprofessor für Gebärdensprachen und Gebärdensprachdolmetschen Prof. Dr. Christian Rathmann von der Universität Hamburg. Darüber hinaus werden in Marburg auch die Schüler zu Wort kommen. Ob blind, gehörlos, hörgeschädigt oder sehbehindert – die Tagungsthemen umspannen das Leben und Lernen junger Leute mit Sinneseinschränkungen. Eine ­Begleitausstellung und die anschließenden Workshops werden über inklusive Methoden, Instrumente und Angebote informieren.

Die Fachtagung wendet sich an alle, die Bildung mitgestalten wollen: von Politik und Verbänden über Schulleitungen, Schulämter, Experten, Lehrerinnen und Lehrer, bis hin zu Eltern und Schülerinnen und Schülern.

* stv. Direktorin