Buchtipps

Heute: Leichte Krimikost im Doppelpack

von Winfried Thiessen | Der blinde Autor Dieter Kleffner hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht, unter anderem auch das Buch "Blind: Freundschaft mit der Dunkelheit" (blis-ta news 2/2019). In diesem Buch gab es auch einen Kurzkrimi von ihm zu lesen, und das brachte mich wiederum auf die Idee, statt immer nur Krimis mit blinden Protagonisten auch einmal Krimis von einem blinden Autor vorzustellen. Meine Wahl viel rein zufällig auf die folgenden beiden Bände mit Kurzkrimis von Dieter Kleffner.

Das Buchcover von "Schlaflose Kissen und schlechte Gewissen" ist schwarz mit rot geschriebenem Titel und einem stilisierten Augenpaar mir runtergezogenen Augenbrauen.

„Schlaflose Kissen und schlechte Gewissen“  (Band 1)

enthält drei kurze Krimis – oder sollte ich eher sagen drei Lovestorys, die sich als Krimis tarnen? Wie in einer Partnerbörse finden in diesen Geschichten starke Frauen zu ihren Traummännern, Männer mit Gefühl und dem gewissen Extra.

In die Tiefe:

Beim Biken in den Bergen trifft ein Mann mit Vergangenheit auf eine Frau mit Vergangenheit. Mit beiden geht es anfangs steil bergauf – dem Pass entgegen. Die Frau wird von einem bösen Hünen verfolgt – ihrer Vergangenheit wegen. Mann mit Vergangenheit verhilft Frau mit Vergangenheit zur Flucht. Dank seiner Vergangenheit ist er ihr auch eine wirkliche Hilfe. Nicht nur die beiden kommen sich näher, auch der Verfolger reduziert seinen Abstand immer mehr. Ersteres fühlt sich gut an, letzteres wird bald bleihaltig. Nach einem schweren Start, die Passstraße will bezwungen werden, gewinnt der Krimi schon bald an Fahrt, denn es geht auf der Flucht immer rasanter talabwärts – natürlich alles vor einem grandiosen alpinen Panorama – Natur pur. Doch irgendwann kommen die Flüchtenden wieder in der Zivilisation an – die deutsche Autobahn lässt grüßen. Szenen wie aus Alarm für Cobra 11 spielen sich dort ab und so ziemlich alle Verkehrsregeln werden verletzt.

Die Forelle:

Nach vielen Jahren in den USA kehrt Bernd Hafka in seinen idyllischen Geburtsort zurück und widmet sich dem Forellenfang. Dabei geht er eines Tages unfreiwillig baden und fällt ins Koma. Die Polizei geht von einem Mordanschlag aus, macht sich auf die Suche nach dem Täter und stößt dabei auf die unrühmliche Vergangenheit der Honoratioren des Städtchens. Schnell erweitert sich die Zahl der Verdächtigen. Nach der „Fuchsjagd“ diesmal ein Kurzkrimi der Kategorie Whodunnit - wie der Amerikaner sagen würde. Dazu wird das Ganze noch mit etwas Maggi, ´tschuldigung, Magie gewürzt.

Der Unbekannte:

Man nennt ihn einfachheitshalber Theo, Theo Müller. Wer er wirklich ist, kann Theo der flotten Kommissarin nicht beantworten, die ihn, Opfer eines Raubüberfalls, gerade auf dem Revier befragt - Amnesie nach einem Schlag auf den Hinterkopf. Wohin mit ihm, dem Mann ohne Namen, Geld und Adresse? Sein Charme und ihre Neugier bewegen die Kommissarin, ganz unprofessionell, ihn unter ihre Fittiche zu nehmen und Theo auf einem Zeltplatz in ihrem Campingwagen unterzubringen. Damit nimmt das Unglück seinen Lauf und die Liebesgeschichte ihren Anfang. Denn von nun an gilt: immer dann, wenn etwas Niederträchtiges passiert, wird der arme Theo als Erster verdächtigt.  

Was verbindet diese drei Geschichten? Es ist immer Sommer! Es gibt hier noch echte Kerle, die zufällig immer auch Single sind. Jeder dieser Männer ist irgendwie geheimnisvoll und nicht immer sofort zu durchschauen. Die Frauen erliegen stets dem Charme ihrer außergewöhnlichen Männlichkeit und es funkt kräftig zwischen den Geschlechtern - komme was da wolle. Und ja, es gibt stets ein Happy End.

Das Buchcover von "Selbstgerecht und selbst gerächt" zeigt eine weichgezeichnete neblige Moorlandschaft. Eine einzelne Hand ragt neben einem Bohlenweg aus dem Moor, das Licht ist trübe.

„Selbstgerecht und selbst gerächt“  (Band 2)

Die Kurzkrimis des zweiten Bands haben den Titel als Thema – hier wird so einiges dafür getan, um bei der Suche nach Recht und Gerechtigkeit Polizei und Justiz außen vor zu lassen. In Phobie treibt eine Schwarze Witwe ihr Unwesen. In Klinikluft – ganz normaler Wahnsinn geht es um die Tücken des Klinikalltags, um Liebe, einen Vergewaltigungsversuch, Betrug, Mord und Mordversuche. Das Orakel vom Pool ist wie Phobie ebenfalls eine typische Kurzgeschichte über Esoterik und ihre fatalen Folgen. Silvas Rache schließt wieder mehr an die Geschichten des ersten Bands an. Ein Mann mit Geheimnissen und besonderen Fähigkeiten will sich an der Mafia rächen – eine echte Räuberpistole.

Kommen wir nun zur Verlesung des Urteils: Du kommst nach acht ermüdenden Stunden aus dem Büro, die Kinder hast du endlich sauber und satt im Bett und danach noch schnell die Wohnung wieder einigermaßen in Schuss gebracht. Du fällst total ausgelaugt auf dein Sofa, bist kein Abonnent eines Streaming-Dienstes und es läuft einfach nichts im TV, keine Schwarzwaldklinik, kein Bergdoktor auch nicht Inspektor Barneby – einfach gar nichts, wofür du kein Hirn brauchst, und du hast keinen Bock auf eine Tierdoku. In deiner Verzweiflung suchst du nach einem Buch zum Abschalten und Wegdämmern: einfacher Plot, leichte Spannung zur Entspannung, Männern mit Gefühl und Geheimnissen, die einer Vorabendserie entstiegen sein könnten, nicht so wie der schnarchende Dicke neben dir – ich glaube, dann könnte Dieter Kleffner mit seinen Kurzkrimis der Mann deiner Wahl sein. Du wirst nicht überfordert und meist wird auch noch ein Happy End mitgeliefert. Leicht verdauliche Kost, die garantiert keine Albträume verursacht - eher im Gegenteil. Ultimative Feierabendlektüre – und vielleicht schmeißt du nach der Lektüre den schnarchenden Dicken neben dir aus der Wohnung und machst dich auf die Suche. Na dann, eine gute Nacht  - mit Dieter Kleffner.