Menschen: Mónica Wenz-Ramos

Monika Wenz-Ramos beim Louis-Braille-Festival: Vergnügt hält sie einen übergroßen Pappmaché-Kopf aus dem Theaterfundus im Arm

Begleiterin beim Neuanfang

Von Thorsten Büchner | Ende der 1980erJahre verbrachte Mónica Wenz-Ramos viele Abende mit Gudrun Moersch und Frank Hagemann in der Küche ihrer spanischen Mutter. „Sie hat für uns gekocht und wir haben für die Abschlussprüfungen zur Bürokaufleute-Ausbildung gebüffelt“, erinnert sich Wenz-Ramos an die gemeinsame Zeit als Auszubildende an der blista. Alle drei aus der Küchen-Lerngruppe sind der blista bis heute treu geblieben. „Als ich damals, 1988, meine Ausbildung hier begann, wusste ich nur, dass es hier eine Blindenschule gibt“, sagt die gebürtige Marburgerin. Nach erfolgreich bestandener Prüfung wurde Wenz-Ramos übernommen und begann in der Finanzbuchhaltung zu arbeiten.

1992 kam dann der Wechsel ins Sekretariat der „Blindentechnischen Grundrehabilitation“ (BtG). „Da hatte ich dann zum ersten Mal direkten Kontakt zu blinden Menschen.“ Vom damaligen Leiter der BtG, Klaus-Jürgen Schwede, habe sie „unheimlich viel“ gelernt. „Unter anderem hat er mir beigebracht, wie ich auch als sehender Mensch mit Tastenkombinationen den PC besser bediene, als wenn ich mich wild mit der Maus durch die Fenster klicke“, so Wenz-Ramos.

Für die BtG-Teilnehmenden ist Wenz-Ramos die erste Ansprechpartnerin für ihre Anliegen. „Es gibt die üblichen Sekretariatstätigkeiten und den organisatorischen Alltag. Gleichzeitig habe ich engen Kontakt zu den Teilnehmenden.“

Wenz-Ramos ist auch nach 28 Jahren in der BtG immer noch davon beeindruckt, „mit welchem Einsatz und Engagement“ viele der Teilnehmenden die Herausforderungen, die eine plötzliche Erblindung mit sich bringen, annehmen und „wieder anfangen, langsam aktiv“ zu werden. „Die meisten müssen mit vielem wieder völlig neu anfangen. Dabei werden sie von unseren Kolleginnen und Kollegen begleitet und unterstützt“, beschreibt Wenz-Ramos die wichtigste Aufgabe der BtG.

Zu ihren regelmäßigen Highlights gehört es, „wenn die Teilnehmenden im LPF-Unterricht wieder anfangen zu kochen und dann unbedingt Rückmeldung möchten, wie es schmeckt.“ Diese Rückmeldung gibt Wenz-Ramos gerne, „auch wenn ich mir die gekochten Portiönchen während meiner Fastenzeit dann einfrieren muss, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu probieren“, lacht sie. Mitunter greift sie auch zu etwas ungewöhnlicheren Maßnahmen. „Eine Teilnehmerin wollte eigentlich nie frühstücken, obwohl ein gutes Frühstück wichtig für die Gesundheit und die Konzentration ist.“ Kurzerhand griff die begeisterte Sportlerin Wenz-Ramos zu einem Trick und schlug vor, dass sie bei regelmäßigem Frühstücken der Teilnehmerin - quasi als Entschädigung - einen formvollendeten Purzelbaum aufs Parkett legen würde. „Manchmal geht es auch darum, ein paar tröstende oder bestärkende Worte zu finden, da für viele dieses ständige Neulernen in unbekannten Situationen ziemlich fordernd und anstrengend sein kann.“

In ihren 32 Jahren blista hat Mónica Wenz-Ramos schon „viele Highlights “ erlebt. Anfang der 1990er Jahre wurde ihre Stimme in vielen von Werner Liese entwickelten elektronischen Hilfsmitteln eingesetzt. So war sie unter anderem – in ihrer Muttersprache Spanisch – über viele Jahre eine der Stimmen der blista-Wetterstation. „Natürlich habe ich ab und zu ausgeholfen und ins Spanische übersetzt“, erinnert sich die Muttersprachlerin. Etwa bei der Meisterfeier der Blindenfußballer der SF BG blista Marburg 2012, als der Sohn des Präsidenten von Real Madrid anwesend war. „Das war schon etwas ganz Besonderes.“ Bei der Vorbereitung von Klassen- und Kursfahrten mit Ziel Spanien half sie auch gelegentlich bei der Übersetzung. „Mitgefahren bin ich bislang aber leider noch nie“, verrät sie.  

Besonders gern erinnert sich Wenz-Ramos an das Louis-Braille-Festival 2016, das die blista gemeinsam mit dem DBSV in Marburg veranstaltete. „Zusammen mit Isabella Brawata war ich damals das Festivalbüro. Das war unheimlich spannend und hat sehr viel Spaß gemacht.“ Seit dieser Zeit „bin ich eine absolute Expertin was Hotels und andere Unterkünfte in Marburg und Umgebung angeht“, lacht sie. „Das bunte Treiben auf dem Festivalgelände und der Kontakt zu den Festivalgästen waren wirklich toll.“

Seit mehreren Jahren ist Mónica Wenz-Ramos zudem bei den „blista-Runners“ aktiv. Jedes Jahr organisiert sie mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen die Teilnahme am „Hungerlauf“ des Lions-Clubs aus dem benachbarten Biedenkopf. Dort wird zugunsten der blista-Seniorenarbeit Runde um Runde gedreht. „Das hat sich mittlerweile zu einem richtigen Familienfest entwickelt. Viele Kolleginnen und Kollegen kommen mit ihrer ganzen Familie sowie Ehemalige, Schülerinnen und Schüler, Freundinnen und Freunde der blista laufen, spazieren oder gehen ihre Runden an der frischen Luft.“ Sport spielt im Leben von Mónica Wenz-Ramos ohnehin eine große Rolle. Sie ist zertifizierte Übungsleiterin des Landessportbunds Hessen und leitet mehrere Gruppen. „Gerade im Karneval bin ich mit meiner Showtanzgruppe eigentlich ständig unterwegs. Diese aufwendigen Choreographien müssen intensiv vorbereitet und geprobt werden.“