Voller Spaß und Konzentration: Das blista-Ostercamp 2016

Drei Ostercamper auf ihren Pferden, von hinten
© blista

Thorsten Büchner*. Ferien – Ostermontag auf dem blista-Campus. Eine bunte Gruppe aus Kindern, Betreuern und Theaterleuten erklimmt den Schlagberg und versammelt sich in der Aula. Das zweite Ostercamp beginnt für die neun blinden und sehbehinderten Kinder im Alter zwischen 9 und 13 Jahren mit Kennenlernspielen und einem Ausblick auf das Programm der nächsten Tage. Reiten und Theaterspielen stehen auch 2016 im Mittelpunkt des blista-Ostercamps. Fünf der insgesamt 9 Teilnehmer verbrachten auch schon 2015 Teile ihrer Ferien in Marburg und waren als „Wiederholungstäter“ schon „alte Hasen“ in Sachen Ostercamp.

Während der sechs Tage in Marburg waren die Camp-Teilnehmer in einer blista-Wohngruppe untergebracht und wurden von fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Internat betreut. An den freien Abenden ging es auf Entdeckungsreise in die Stadt, zum Eis-Essen, ins blista-Schwimmbad oder die Kids saßen in der Wohngruppe zusammen und quatschten.

Für Langeweile war kein Platz. Daher freute sich der 13-jährige Julian aus Nürnberg besonders darüber „dass wir dieses Jahr sogar bis 22 Uhr auf­bleiben durften und nicht schon um 21 Uhr ins Bett mussten, wie letztes Jahr.“

Ausgeschlafen ging es jeden Morgen zum Reiten. Dort lernten die neun Ostercamper alles rund ums Pferd. Wie sieht der Körper eines Pferdes eigentlich aus? Was muss ich bei der Pflege beachten? Welches Futter ist geeignet? Voltigieren, Reiten an der Longe und ein Ausritt ins Freie standen im Verlauf der Woche auf dem Programm. Judith Weniger mit ihrem Team verstand es wieder, die Pferdebegeisterung zu wecken und jedes Pferd zu einem persönlichen Freund der Kinder zu machen, sei es der freche Quentin, Emilion oder der von allen geliebte Komet. Als Erinnerungsstück wurden individuell gestaltete Türschilder mit Pferdemotiven hergestellt.

Theaterprobe mit Vreni, Jonas und Chiara
© blista

Nach der Mittagspause wechselten die Kids vom Rücken der Pferde auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“ – die Theaterbühne.

An drei Nachmittagen probierten sich die Camp-Teilnehmer in einigen Theaterbereichen aus, vom Improvisationstheater bis zum Tanz war alles mit dabei. Selbst entwickelte kleine Szenen, die aus den Lieblingsbüchern der Kinder entlehnt wurden, brachten alle mit viel Enthusiasmus auf die Bühne. Die Schlagfertigkeit wurde beispielsweise mit „Ein-Satz-Geschichten“ geschärft, bei denen gemeinsam eine Geschichte entwickelt wird, indem jeder Schauspieler den Satz seines Vorgängers fortsetzt.

So entstanden witzige, kreative Geschichten. In diesem Jahr konnte Magdalena Kaim, Theaterpädagogin und seit vielen Jahren als Schauspielerin bei „Theater Gegenstand“ in Marburg aktiv, für die Anleitung des Theaterworkshops gewonnen werden und war schwer beeindruckt: „Es war klasse, wie sehr die Kids sich auf die ungewohnten Situationen beim Improvisieren eingelassen haben und mit wie viel Spaß und Konzentration alle bei der Sache waren.“ Für Kaim war es die erste Zusammenarbeit mit blinden und sehbehinderten Jugendlichen.

Das erlernte Theaterrepertoire, inklusive der Improvisationsübungen und den Spielszenen aus den Lieblingsbüchern, wurde den gespannten Eltern und Verwandten am letzten Tag des Ostercamps präsentiert. Voller Spannung und Vorfreude saßen die neun Schauspielerinnen und Schauspieler – wie vereinbart – völlig regungslos, so als seien sie eingefroren, am Bühnenrand und erwachten erst zum schauspielerischen Leben, als Ruhe im erwartungsvollen Publikum eingekehrt war. In den folgenden 15 Minuten konnten alle Kids mit Szenen aus „Harry Potter und der Stein der Weisen“, mit dem Sams, Frau Rotkohl und Herrn Taschenbier sowie einem Lichtschwertkampf aus „Star Wars“ ihre Spiellaune unter Beweis stellen. Nach der obligatorischen Verbeugung brandete Applaus auf, über den sich die frischgebackenen Darsteller sichtlich freuten.

Mit welchem Elan die blinden und sehbehinderten Kinder bei der Sache waren, wurde überdeutlich, als sie sich selbst von strömendem Regen nicht davon abhalten ließen, in einem Marburger Kletterwald durch die Bäume zu turnen.

Die Truppe im Schwimmbad
© blista

Die Rückmeldungen zum Ostercamp waren eindeutig. „Das Ostercamp war total cool! Ich hoffe, nächstes Jahr wieder dabei zu sein”, sagte etwa die elfjährige Noelle aus Ludwigshafen. Die zwölfjährige Vreni aus Bayern, die bereits zum zweiten Mal mit von der Partie war, empfahl der blista, das Ostercamp im nächsten Jahr „unbedingt zu wiederholen!“ Während des Ostercamps war deutlich zu spüren, wie sehr es die zumeist inklusiv beschulten Kinder genossen, sich mit anderen blinden und sehbehinderten Schülern ihrer Altersgruppe auszutauschen und miteinander die Freizeit zu verbringen.

Nach sechs intensiven Tagen mit neuen Erfahrungen und neuen Kontakten verabschiedeten sich die neun Ostercamper am 2. April, gemeinsam mit ihren Familien, von Marburg und der blista. „Vielleicht gibt es 2017 ein Wiedersehen rund ums Pferd, mit viel Theater“, wünscht sich auch Monika Saßmannshausen, Lehrerin der blista und Organisatorin des Ostercamps.

* Mitarbeiter Öffentlichkeitsarbeit
Fotos: Monika Saßmannshausen