Menschen: Tom Engel

Portraitfoto von Engel

Von Wimmelbildern, Kaffeeflecken und dem idealen Zeitpunkt

Thorsten Büchner | Die Liebe verschlug Tom Engel aus den Niederlanden nach Mittelhessen. Kurz zuvor hatte er über den zweiten Bildungsweg den Beruf des Grafikdesigners erlernt und ging als Freiberufler auf Kundenakquise. „Ich habe damals viel für Unternehmen gearbeitet. Besonders gerne mit einem Reisebüro, dessen Chef ein gewisser Claus Duncker war“, erinnert sich Engel an die Zeit in den 1990er Jahren. Als dann die blista im Jahr 2002 ihre Publikationen wie die blista-News gestalterisch neu ausrichten wollte, entstand der Kontakt zwischen Engel und Rudi Ullrich, dem Redaktionsleiter der blista-News. „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und ich habe in den ersten Jahren einiges dazugelernt.“ Die blista lernte aber auch von Tom Engel. „Mir ist im Dialog mit meinen Kunden immer wichtig, dass sie sich bewusst werden, wer die Zielgruppe ihrer Broschüren und Zeitschriften ist.“ So gehe es bei der blista natürlich darum, dass auch Menschen mit Sehbehinderung die blista-News lesen können, das Erscheinungsbild aber für Normalsehende ebenfalls attraktiv ist. „Da haben wir zusammen in den ersten Jahren viel ausprobiert und uns blista-intern rückgekoppelt“, blickt Engel auf die ersten Jahre zurück. Mittlerweile gestaltet er die blista-News seit 17 Jahren. „In dieser Zeit ist natürlich viel passiert. An der blista selbst, aber auch, was die gestalterischen Vorlieben und Vorgaben angeht.“ Früher habe man etwa noch verstärkt auf Serifenschrift gesetzt, deren ausgeprägtes Aussehen mittlerweile von vielen nicht mehr als optimal für Menschen mit Sehbehinderung betrachtet wird. „Mir war es immer wichtig, dass die Leser selbst mit angeben, wie Publikationen aussehen sollen, damit sie gut wahrgenommen und genossen werden können.“

Tom Engel erhält nach Beendigung der redaktionellen Arbeiten die fertigen Texte und die dazu passenden Bilder. „Dann schaue ich mir genau an, wie ich den Artikel gestalterisch auf der Seite unterbringe, damit er gut zur Wirkung kommt und an welcher Stelle ich die Fotos platziere.“ Dazu sei es wichtig, dass er die Artikel auch intensiv lese, um das passgenau vornehmen zu können. „Außerdem interessieren mich die Texte sehr. In all den Jahren habe ich das immer gerne gelesen.“ Für eine blista-News-Ausgabe benötigt Engel zwischen 20 und 30 Arbeitsstunden.  

Bei den Bildern habe sich das in den letzten Jahren „ziemlich stark verändert“. Waren vor einigen Jahren Fotos, die mit Handys und Smartphones geschossen wurden, „eigentlich kaum zu gebrauchen“, gebe es dort jetzt „wirklich sehr gute Fotos“. Außer dann, „wenn die Leute die Auflösung zu klein halten, um so mehr Fotos auf ihrem Gerät speichern zu können.“ Bei der Fotoauswahl komme es auch darauf an, dass „Wimmelbilder mit unzähligen Personen auf einem Bild“ vermieden werden, „weil das kein Mensch, schon gar nicht jemand der schlecht sieht, auseinanderhalten kann.“

Wie Menschen auf Fotos abgebildet werden, ist Engel ebenfalls wichtig. „Jeder sollte schon selbst entscheiden in welcher Situation er gerade fotografiert und abgebildet wird.“ Bei unvorteilhaft aufgenommenen Bildern könne „man nur schwer etwas machen.“ „Einen Kaffeefleck auf dem Hemd kann ich aber beseitigen.“ Diese Ausgabe ist die letzte, die von Tom Engel gestaltet wird. „Im August werde ich 67 Jahre. Da möchte ich Stück für Stück mein Arbeitspensum zurückfahren und nur noch einige, wenige Aufträge annehmen.“ Außerdem sei jetzt „ein idealer Zeitpunkt“, da Rudi Ullrich, der seit 25 Jahren der redaktionelle Kopf ist, die Redaktionsleitung weitergeben wird. „Ich habe mit Rudi Ullrich und Irmi Behrens über so viele Jahre so gut und symbiotisch zusammengearbeitet. Da haben wir uns darauf verständigt, dass wir gemeinsam aufhören."

Der blista-News wird er aber als aufmerksamer und interessierter Leser erhalten bleiben. „An der blista hat mich immer sehr beeindruckt, mit wie viel Energie und Engagement die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei der Sache sind. Das will ich gerne weiter wissen.“ Von der gestalterischen Arbeit am Computer entspannt sich Tom Engel bei ausgedehnten Waldspaziergängen mit seinem Hund. „Ich lese außerdem gerne und viel. Aber keine E-Books. Ich mag, wenn das Papier raschelt und ich was in den Händen halte.“ Dafür und für die wenigen Projekte, die er noch weiter betreuen möchte, wird er nun ein wenig mehr Zeit haben. Zeit genug, die blista-News zu lesen, die er über siebzehn Jahre lang gestaltet hat und den darin ab­gedruckten Geschichten und Beiträgen erst zur vollen Wirkung verholfen hat.