Kompetent unterstützt

„focus arbeit gGmbH” und neue „Elternberatung” an der blista

Thorsten Büchner. In den letzten beiden Jahren hat die blista ihre Beratungs- und Unterstützungskompetenz mit zwei neuen Angeboten ausgebaut. 2014 wurde die „focus arbeit gGmbH“ gegründet, deren Aufgabe es ist, blinde und sehbehinderte Ausbildungssuchende und Berufseinsteiger zu beraten, sowie die blista-Schülerinnen und -Schüler beim oft schwierigen Übergang nach dem Schulabschluss in die weitere Ausbildung zu unterstützen. Während Projektleiterin Susanne Patze bei „focus arbeit“ also besonders die Jugendlichen direkt unterstützt und berät, kümmert sich Barbara ­Krönert-Ritz seit einem Jahr um die Eltern von blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen.

Beraten und begleiten

Barbara Krönert-Ritz an ihrem Schreibtisch
Barbara Krönert-Ritz im Elterngespräch
Susanne Patze bei der Intensivberatung mit einem Teilnehmer
Susanne Patze berät einen Schüler

Seit Herbst 2015 gibt es an der blista eine unabhängige, zentrale Anlaufstelle für Eltern von blinden und sehbehinderten Kindern. Die Beratungsstelle arbeitet eng mit der „Bundesvereinigung Eltern blinder und sehbehinderter Kinder e.V“ (BEBSK) zusammen, die in mehrere regionale Gliederungen unterteilt ist. Das Recht auf unabhängige Be­ratung von blinden und sehbehinderten ­Kindern und deren Eltern war eine der vier Grundsatzforderungen der Blindenselbsthilfe im Nachgang zur Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Die blista trägt dieser Forderung mit der neuen Anlaufstelle Rechnung. Barbara Krönert-Ritz arbeitete fast 30 Jahre als Betreuerin im Internat der blista und hat in dieser Zeit gemerkt, dass die Begleitung und Unterstützung von Eltern eigentlich schon immer einer ihrer Arbeitsschwerpunkte war. Nun berät sie Eltern bundesweit bei allen Fragen rund ums Thema Blindheit und Sehbehinderung und steht unterstützend zur Seite, wenn es darum geht, den optimalen Bildungsweg zu finden. „Mir ist dabei besonders wichtig, dass ich mit den Eltern in engem Austausch bin, ihnen zuhöre und für alle Fragen zur Verfügung stehe“, betont Krönert-Ritz. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, Eltern von inklusiv beschulten Kindern zu unterstützen. „Das können ganz praktische Fragestellungen sein.

Letztens rief mich eine Mutter an und wollte wissen, ob und wie ihr blindes Kind im Lateinunterricht in Punktschrift die Betonungszeichen setzen soll.“ Krönert-Ritz kann bei ihrer Beratungstätigkeit auf die vielfältigen Kompetenzen der blista-Ressorts zurückgreifen. „Mittlerweile habe ich in jedem Ressort meine Ansprechpartner, die ich fragen kann.“ Beim Latein-Problem nahm Krönert-Ritz Kontakt zu einem Lateinlehrer auf, machte sich schlau und konnte der Mutter so weiterhelfen. Viele Fragen kommen auch zum Mathematikunterricht. Zum Beispiel, welcher Taschenrechner für blinde Schüler geeignet ist. Neben solchen praktischen Anfragen geht es in ihrer Beratung aber oft darum, im Gespräch gemeinsam herauszufinden, was Kindern und Eltern helfen kann und sie in ihrem eigenen Handeln zu bestärken.

„Eltern fühlen sich oft alleingelassen und verantwortlich im und für den Kampf um den bestmöglichen Bildungsweg ihrer Kinder“, sagt Krönert-Ritz, die an der Philipps-Universität Marburg den berufsbegleitenden Weiterbildungsmaster zur „Blinden- und Sehbehindertenpädagogin“ abgeschlossen hat. „In dieser Situation wollen wir helfen.“

Neben der Beratung per Telefon und Mail begleitet Barbara Krönert-Ritz auch Eltern, die zu Infogesprächen an die blista kommen. „Ich begleite die Eltern zwischen den einzelnen Terminen, gehe mit ihnen in die Mensa und bin einfach für sie da.“

„Die Elternberatung von Barbara Krönert-Ritz im Kooperationsverbund mit der BEBSK ist ein zentraler Baustein für gelingende Bildungswege von Kindern mit Blindheit und Sehbehinderung - gerade im inklusiven Unterricht - und verdeutlicht die Verwurzelung der blista im Selbsthilfe-Gedanken“, unterstreicht blista-Direktor Claus Duncker die Bedeutung dieses Angebots.

Chancengerechte Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt

Bereits seit zwei Jahren berät Susanne Patze, Projektleiterin von „focus arbeit gGmbH“ blinde und sehbehinderte Ausbildungssuchende und Berufseinsteiger darin, den für sie individuell passenden Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu finden und unterstützt blista-Schülerinnen und Schüler beim Übergang von der Schule in den weiteren Ausbildungsweg.

Susanne Patze hat dabei sowohl die Seite der Suchenden als auch die der Arbeitgeber im Blick. Sie ist Ansprechpartnerin bei allen Fragestellungen, die sich zwischen Stellensuche, Ausbildungsabschluss oder innerhalb der Arbeitsverhältnisse ergeben.

Blinde und sehbehinderte junge Menschen berichten immer wieder von frustrierenden Bewerbungsbemühungen. Schon die eigenständige Recherche nach Anzeigen ist mühsam, da die Barrierefreiheit im Internet oft nicht gegeben ist. An Online-Bewerbungsportalen und Einstellungstests scheitern die meisten, da die Bearbeitung mit der Braille-Zeile und dem Screen-Reader nahezu nicht möglich ist. Gemeinsam nehmen die Stellensuchenden und Susanne Patze Kontakt mit dem Arbeitgeber auf und finden andere Möglichkeiten der Bewerbung. Erfahrungsgemäß sind viele Arbeitgeber nicht abweisend, sondern unerfahren und die Lösungen jedes Mal individuell: Telefonat anstatt Online-Formular, E-Mail Bewerbung anstatt Print oder eine Assistenzkraft für den Präsenz-Einstellungstest.

Bei der Einstellung sehbeeinträchtigter Azubis stehen Arbeitgeber vor vielen neuen Herausforderungen: Wie richten wir den Arbeitsplatz ein? Welche Hilfsmittel werden gebraucht und wie finanziert? Wo kann der Azubi eingesetzt werden? Hier unterstützt die focus arbeit gGmbH in allen Belangen: von der Beantragung behinderungsbedingter Ausstattung bei den jeweiligen Kostenträgern und der Akquise von Fördermitteln bis zu Beratungsgesprächen mit den Ausbildungsleitenden über Inhalte, Lernformen und geeignete Materialien. Das bestätigt auch Dieter Doetsch, Leiter der Nachwuchsprogramme bei der ING-DiBa AG aus Frankfurt:

„Die Unterstützung durch die focus arbeit gGmbH bei der Vermittlung von sehbehinderten Auszubildenden würde ich als Lotsentätigkeit durch den Dschungel der Verwaltung bezeichnen. Für die ING-DiBa, die hier bislang wenig Erfahrung hatte, war es eine sehr große und vor allem erfolgreiche Hilfe.“ Mittlerweile beschäftigt die ING-DiBa drei Auszubildende mit Sehbehinderung.

Blinde und sehbehinderte Berufseinsteiger müssen ebenfalls neue Aufgaben meistern: Wie orientiere ich mich im Büro? Wie kommuniziere ich meinen Unterstützungsbedarf an die Kollegen? Wie kann ich die Prüfungen in der Berufsschule mitschreiben? Susanne Patze führt Coaching-Gespräche mit den Azubis, unterstützt bei der Beantragung von Mobilitätstraining und bespricht mit den Lehrkräften, wo und in welcher Form barrierefreie Lernmaterialien erforderlich sind.

Die auftretenden Fragen sind in jedem Bewerbungsprozess und in jeder Ausbildung genau so vielfältig und individuell wie die ­arbeitssuchenden sehbehinderten Menschen und Arbeit gebenden Organisationen selbst.

In den beiden zurückliegenden Jahren konnte die focus arbeit gGmbH so bereits viele blista-Schülerinnen und -Schüler darin unterstützen, ihren passenden und gewünschten Bildungsweg einzuschlagen. Die 24jährige Cindi etwa hatte während ihrer Schulzeit an der blista bereits sechs Praktika absolviert und strebte nach dem Abitur eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich an. Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz stieß sie auf viele strukturelle Hürden, die dann in der engen Begleitung und Zusammenarbeit mit Susanne Patze abgebaut werden konnten. Seit September 2016 absolviert Cindi eine Ausbildung bei der DB Netz AG in Frankfurt. Viele andere Schüler konnte Susanne Patze beraten und begleiten; in eine Ausbildung oder ein duales Studium. Für mehr chancengerechte Teilhabe an einem inklusiven Arbeitsmarkt.

Kontakt

focus arbeit gGmbH

Susanne Patze
Tel.: 069 4035 6135 oder 06421- 606 351
Susanne.patze@focus-arbeit.de, s.patze@blista.de

Elternberatung

Barbara Krönert-Ritz
Tel.: 06421 606339
elternberatung@blista.de