Das Zusammenspiel Mensch und Hund

18 Personen, viele mit Hunden, stehen auf einer Waldwiese im Halbkreis zusammen

Die Gespannprüfer-Ausbildung

Ute Hawerkamp * - Seit über 13 Jahren arbeite ich als Rehabilitationslehrerin für O&M und LPF an der blista. Mit Führhunden hatte ich in dieser Zeit nur am Rande, aber nicht in meiner Alltagspraxis zu tun. Daher war meine Erfahrung mit Führhunden auch eher eingeschränkt, aber interessant fand ich das Thema immer.

Gerne habe ich bei Gelegenheit ein Gespann beobachtet, was dabei genau die Aufgabe des Hundes, was die des Halters ist; wie „funktioniert“ der Hund und wie bringt er „seinen Menschen“ zum Ziel, geht es dabei Hund und Halter gut … Ein faszinierendes Zusammenspiel, wie ich inzwischen zunehmend erkenne und feststelle.

Bevor ein Gespann eigenständig seiner Wege gehen kann, wird diese sehr diffizile Zusammenarbeit heutzutage in der Regel von einem Gespannprüfer überprüft . Nachdem der Hundetrainer das Tier zum Führhund ausgebildet und anschließend Hund und zukünftigen Halter, also das neue Gespann, eingearbeitet hat, kommt der Gespannprüfer als unabhängiger Dritter ins Spiel. Er prüft im Auftrag des Kostenträgers, ob Effektivität, Sicherheit und Wohlbefinden für alle Beteiligten gegeben ist.

Als an der blista ein Interessent für die Gespannprüfer-Tätigkeit gesucht wurde, war für mich die Gelegenheit gekommen, mich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Im Februar 2014 begann ich mit der Weiterbildung. Diese wird vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) in Berlin durchgeführt und dauert zweimal eine Woche.

Voraussetzung dafür ist, dass man entweder Rehalehrer für O&M ist oder „Hunde­experte“ – zum Beispiel Hundetrainer oder Tierarzt. In Berlin traf ich auf eine dementsprechend gemischte Gruppe von Ausbildungswilligen aus ganz Deutschland, auf ein volles, aber gut strukturiertes Wochenprogramm mit sehr interessanten Themen und Aktivitäten, nicht zuletzt auf kompetente Ausbilder und eine sehr angenehme und konstruktive Arbeitsatmosphäre.

Wir erhielten in dieser Zeit Einblick in die Geschichte der Gespannprüfung, beschäftigten uns mit Hunderassen, tiermedizinischen Grundlagen und Hundeverhalten, insbesondere mit der Sozialisation des Hundes, seinem Ausdrucksverhalten und mit dem Zusammenspiel von Mensch und Hund. Wir führten viele Praxisläufe in Eigenerfahrung mit dem „dogsim“ (Hundesimulator) durch und beobachteten Gespannläufe in natura und in Videos. Schließlich erfuhren wir alles Notwendige über die Inhalte und die Beurteilung der Gespannprüfung selber, inklusive juristischer Grundlagen, und um dieses ­Ergebnis an den Mann oder an die Frau ­bringen zu können, erhielten wir ein Kommunikationstraining. Nachdem wir alle den Test bestanden hatten, waren noch Hospitationen notwendig: eine bei der Einarbeitungsphase des Führhundes mit dem neuen Halter, drei bei Gespannprüfungen.

Eine Gespannprüfung findet am Wohnort des Hundehalters statt und dauert bis zu 90 Minuten. Der Gespannprüfer wählt die Strecke so, dass die im Prüfungs-Gutachten aufgelisteten gut 50 abzuprüfenden Führleistungen enthalten sind. Außer den Führleistungen des Hundes werden auch die Strategien und Kompetenzen des Führhundhalters sowie die Zusammenarbeit von Hund und Halter beobachtet. Im Gutachten werden die Ergebnisse dann entsprechend eingetragen und ausgewertet. Es gibt Vorgaben, unter welchen Bedingungen die Prüfung als bestanden oder nicht bestanden gilt.

Die ersten 3 Prüfungen dürfen nur gemeinschaftlich mit einem erfahrenen Gespannprüfer abgehalten werden. In letzter Zeit gibt es eine intensive und meines Erachtens nach berechtigte Diskussion darüber, ob man nicht generell zu zweit prüft: ein O&M-Rehalehrer und ein Hundefachmann, zur ­Gewährleistung einer hohen fachlichen ­Qualität.

Nun bin ich gespannt auf meine erste eigene Prüfung, die ganz bestimmt auch aufregend für mich sein wird. Wie schon die Vielzahl der oben genannten Ausbildungsinhalte zeigt, ist eine Gespannprüfung eine sehr komplexe Angelegenheit: sehr viele ­Details aus den genannten Bereichen müssen einzeln und in ihrem Zusammenspiel ­beobachtet und dann begutachtet werden. Dazu gehört – außer den erlernten Kenntnissen – auch sehr viel Erfahrung.
[* Rehalehrerin]