Buchtipp

Buchcover Pamela Pabst

Gesellschaftsroman

Zwei Leben, die Strafsache Wilhelm Schweiger – Pamela Pabst

Wir beamen uns zurück ins Jahr 1986. Berlin. Vor uns steht: Wilhelm Schweiger, Jahrgang 1935, Anwalt mit eigener Kanzlei, die er einst von seinem Vater übernommen hat. Wilhelm – attraktiv, würdiges Auftreten, konservativ, fast wie ein „Bilderbuchadeliger“. Verheiratet mit einer wesentlich jüngeren, attraktiven Frau. Vater einer 5-jährigen Tochter, der Stammhalter bereits unterwegs. Die eigene Kindheit – schwer. Die Mutter gefühlskalt und preußisch. Der Vater herrisch, standesbewusst, streng und fordernd. Der „geniale“ ältere Bruder gefallen für Volk und Vaterland. Wilhelm kann zu keiner Zeit seinen Eltern gerecht werden. Er versucht aus den Verhältnissen auszubrechen. Emotional labil, führt er in seinen jungen Jahren einige lockere Beziehungen, heiratet schließlich für die bürgerliche Galerie und führt ein langjähriges Doppelleben mit einer Prostituierten, die er, als diese sich seinen Wünschen einmal zu widersetzen wagt, einfach vergewaltigt. Völlig kopflos versucht er, die Sache dilettantisch zu bereinigen, die gut bürgerliche Fassade aufrechtzuerhalten, und gerät dabei unter den Verdacht, den Versuch eines Vertuschungsmords begangen zu haben. Um dem ganzen noch das Krönchen aufzusetzen verliebt sich eine junge Richterin in ihn und er beginnt eine weitere Affäre. Seine Gattin scheint Demütigungen zu lieben, verzeiht ihrem Wilhelm so fast alles, hält zu ihm und die Stellung – auch noch, als sein Wagen von einem LKW erfasst wird und er im Rollstuhl landet. Aber das ist nicht das Ende, jetzt fängt die Geschichte erst richtig an – auch wenn sie nie wirklich an Fahrt gewinnt. Ein Sittengemälde aus dem Juristenmilieu. Ein Leben – aufgebaut auf nicht nur einer Lüge – steht hier vor Gericht.

Die blinde Autorin ist Juristin und kein Romancier, das merkt man der Geschichte an. 600 Seiten! Eine Woche Urlaub hat mich dieser Roman gekostet. Ich musste mich immer wieder motivieren dranzubleiben, nicht weil ich den Roman inhaltlich sooo schlecht fand, sondern es lag vor allem am erklärenden und allzu detailreichen Erzählstil, der eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen wenig Raum lässt. Auch waren die Motive der Protagonisten für mich nicht immer ganz nachvollziehbar, aber das sind sie ja in vielen Krimis nicht. Gefallen hat mir auf jeden Fall das Finale mit seinen kleinen Überraschungen und Wendungen.

Mein Fazit: Weniger wäre auf jeden Fall mehr gewesen – manchmal sollte man Taten und Handlungen einfach für sich selber sprechen lassen und nicht jeden Handgriff erläutern.

Und noch was: 33,99 € für ein Book on Demand ist ein stolzer Preis – vor allem, wenn sich die Beschichtung des Einbandes schon nach kurzer Zeit bei normaler Nutzung aufzulösen beginnt.